The Art of the Sikh Kingdoms

Autor/en: Susan Stronge
Verlag: Victoria and Albert Publications
Erschienen: London 1999
Seiten: 256
Ausgabe: Leinen mit Schutzumschlag
Preis: 35.– engl.Pfund
ISBN: 1851772618
Kommentar: Michael Buddeberg

Besprechung:
Denkt man an die Sikhs, denkt man vor allem an die kampfstarken Verbände indischer Krieger, die in der britischen Kolonialarmee dienten, in der Auseinandersetzung der Briten mit den späten Moghul-Königreichen aber auch in den Weltkriegen des 20. Jahrhunderts. Auch heute noch besteht ein großer Teil der indischen Streitkräfte aus Sikh-Verbänden. Weit weniger bekannt ist, daß die Sikhs Anhänger einer religiösen Reformbewegung sind, die auf den Guru Nanak (1469 – 1539) zurückgeht. Er wollte Hindus und Moslems auf der Grundlage eines bilderfreien Monotheismus einigen und seine Botschaft war so revolutionär wie einfach: Es gibt nur einen Gott, ungeboren, ewig, undefinierbar, der aber doch die einzige Wirklichkeit darstellt. Der zehnte und letzte Guru, Gobind Singh (1675 – 1708) gab den Sikhs eine straffe militärische Organisation „zur Verteidigung des Rechts und zur Zerstörung der Sünde und des Bösen.“ Seither fügen alle Siks ihrem Namen den Zusatz „Singh“ (Löwe) hinzu. Alle Sikhs sollen sich als Glieder einer Gemeinde fühlen, in der die Kaste keine Bedeutung mehr haben soll. Geographisch sind die Sikhs dem Pandschab zuzuordnen, dem „Land der fünf Flüsse“, der Stromebene der fünf linksseitigen Zuflüsse des Indus mit der Hauptstadt Lahore und dem heiligen Ort Amritsar. Eine Kunst der Sikh ist schwer zu definieren, denn Künstler und Handwerker aller Glaubensrichtungen arbeiteten traditionell in harmonischer Koexistenz. Die Kunst des Pandschab hat aber zeitlich einen Höhepunkt zu verzeichnen als der bedeutendste aller Sikh-Könige, der Maharaja Ranjit Singh von 1801 bis 1839 über das Pandschab herrschte. Er war eine charismatische Persönlichkeit, die Frieden und Wohlergehen in eine lange umkämpfte Region brachte. Dieser Zeit, ihrer Kunst und ihrem Kunsthandwerk ist das vorliegende Buch gewidmet, das auch eine Ausstellung im V&A-Museum in London begleitet hat. Malerei und Buchkunst, Architektur und Fresken, bedeutende Werke der Goldschmiedekunst und der Waffenherstellung werden von profunden Kennern der Materie in Wort und Bild vorgestellt. Hier soll nun ein Zweig des Kunsthandwerks herausgegriffen werden, der eine besondere Blüte erlebte: Die Textilien des Pandschab. Das sind Stickereien, Rumals und Pulkharis, feine Seidenwebereien, vor allem aber unvergleichlich schöne und feine Kaschmir-Schals. Das kam nicht von ungefähr: 1819 annektierte Maharaja Ranjit Singh die Region Kaschmir, machte sie tributpflichtig, und Lahore entwickelte sich fortan zum Haupthandels- und auch Herstellungsort von Kaschmir-Schals. Zeitgenössische Berichte schildern den unvergleichlichen Glanz am Hofe des Maharadja und die verschwenderische Ausstattung mit Textilien, allen voran die Kaschmir-Schals, die sogar den Boden bedeckt haben sollen. Rosemary Crill, Kuratorin für Indien am V&A-Museum, gibt in dem Kapitel „Textilien im Pandschab“ einen komprimierten Überblick über die Geschichte des Kaschmir-Schals und des Schalhandels im Pandschab des ausgehenden 18. und des 19. Jahrhunderts, über die Schalmode in Europa und über die Entwicklung der Schalmuster von einfachen floralen Motiven zu den überstilisierten, schon wieder von der europäischen Mode beeinflußten Designs. Bedeutende Kaschmir-Schals aus der Blütezeit dieses Handwerks, überwiegend aus kostbarer Paschmina-Wolle illustrieren den Beitrag. (- mb -)

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