Persian Painted Tilework from the 18th and 19th Centuries – The Shiraz School

Autor/en: Hadi Seif
Verlag: Arnoldsche Art Publishers
Erschienen: Stuttgart 2014
Seiten: 112
Ausgabe: Hardcover
Preis: € 39,80
ISBN: 978-3-89790-403-3
Kommentar: Michael Buddeberg, Februar 2014

Besprechung:
Die Qajaren-Dynastie, die in Persien immerhin von 1779 bis 1925 die Macht inne hatte, ist von der kunsthistorischen Literatur bislang recht stiefmütterlich behandelt worden. Allein die Textilien jener Zeit machten jüngst von sich reden, was allerdings weniger an ihren ästhetischen und technischen Qualitäten liegen wird, als vielmehr an der Tatsache, dass der viele Jahre in Teheran lebende schottische General Sir Robert Murdoch Smith nicht nur Direktor des britischen Persian Telegraph Department war, sondern gleichzeitig auch als Agent des Londoner South Kensington Museums eine beeindruckende Sammlung iranischer Kunst des 19. Jahrhunderts zusammengetragen hat, darunter auch etwa 1000 Textilien der Qajaren-Zeit (Wearden/Baker, Iranian Textiles, Victoria & Albert Museum, London 2010). Sicher ist, dass die qajarischen Herrscher nicht an das Mäzenatentum ihrer safawidischen Vorgänger, etwa eines Schah Abbas (1571-1629) anschließen konnten und auch kein Weltkulturerbe hinterließen, wie die Achämeniden und Sasaniden in den Jahrtausenden zuvor. Die Herrschaft der Qajaren war mehr von verlorenen Kriegen mit Russland , europäisch-imperialistischen Einflüssen und zunehmend leeren Staatskassen geprägt als von der Förderung der Künste. Noch am ehesten mag der am Anfang des 19. Jahrhunderts von Fath Ali errichtete Golestan-Palast in Teheran als ein Monument oder Denkmal dieser Dynastie herhalten. Er ist überreich mit vielfarbig bunt glasierten Keramikfliesen verziert, deren Dekor von floralem Rankenwerk über naturalistisch dargestellte Vögel und Blumenbuketts bis zu figürlichen Szenen reicht. Die Handwerker, die diesen dekorativen Gebäudeschmuck schufen, kamen aus Schiras und stehen für eine Kunstform, in der sich das großartige keramische Erbe der Safawiden würdig fortsetzt. Diesem wenig bekannten und wenig beachteten Kunsthandwerk aus Schiras ist ein bei Arnoldsche Art Publishers erschienenes Buch des Iraners Hadi Seif gewidmet. In Schiras geboren und seit Jahrzehnten über iranische Kunst, vor allem Malerei, Keramik und Bildhauerei arbeitend und publizierend, ist Hadi Seif in besonderem Maße berufen, ein Kunsthandwerk der Öffentlichkeit vorzustellen, das in der Heimatstadt der berühmten persischen Dichter Hafis und Saadi im 18. und 19. Jahrhundert eine späte Blüte erlebte. Die haft rang (sieben Farben) genannte Technik, die es erlaubt, mit bis zu sieben Farben gleichzeitig auf einer Fliese zu arbeiten und diese zu brennen, ohne dass die Farben ineinander verlaufen, war zwar längst bekannt, doch entwickelten die Fliesenmeister von Schiras, befreit von den Zwängen und Regeln safawidisch-islamischen Dekors eine gänzlich neue Farbpalette und ein breites Repertoire bisher nicht gebräuchlicher Darstellungen. Vergleicht man etwa die von Schah Abbas erbaute und ganz mit Fliesen in vorwiegend blauen und türkisen Farbtönen dekorierte Schah-Moschee (heute Imam-Moschee) in Isfahan mit den Fliesenbildern aus Schiras, so fällt die bevorzugte Verwendung eines strahlenden Gelb und eines von Lila bis Pink changierenden Rot ins Auge. Naturalistisch dargestellte Pflanzen und Blumen stehen im Vordergrund, doch mehr und mehr finden sich auch Jagdszenen, Darstellungen populärer Geschichten, Fabeln, Ereignisse des zeitgenössischen Lebens und schließlich sogar Bilder von Frauen, wie sie zuvor nur der höfischen Kunst gestattet waren. Residenzen, Gartenpavillons und öffentliche Bäder, aber auch die Paläste und Häuser des Adels und reicher Kaufleute wurden innen und außen mit diesen prachtvollen, farbenfreudigen Fliesenbildern verziert, während in den Moscheen und Medresen florale und kalligraphische Elemente, diese jedoch nicht weniger farbenprächtig, dominierten. Das reiche Bildmaterial im Buch stammt ganz überwiegend aus Gebäuden in Schiras und aus einer privaten Sammlung. Es vermittelt das Bild einer Stadt, in der die Freude am Leben und an der Kunst ganz offenbar einen hohen Stellenwert hatte. Der begleitende Text von Hadi Seif erklärt nicht allein die Technik, die chemische Zusammensetzung der Farben und die bevorzugten Motive, sondern ist zugleich eine Einführung in die Geschichte der iranischen Fliesenkunst Mit dem Schwerpunkt auf der Schule von Schiras und der Vorstellung der namentlich bekannten Meister dieses Kunsthandwerks und ihrer mäzenatischen Auftraggeber, häufig die Khane nomadischer Qashgai-Stämme. Ihren Höhepunkt erreichte diese Kunstform im späten 19. Jahrhundert mit dem „Naranjestan“, einer Art Orangerie, dessen Fliesenschmuck in Farbenpracht und Vielfalt der Darstellung alles Vormalige in den Schatten stellte. Das Ende der Dynastie der Qajaren, die Öffnung des Iran zum Westen unter den Pahlavi und schließlich der zweite Weltkrieg und die massiven Veränderungen in Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Verkehr bedeuteten das Ende der Fliesenkunst und leider auch die Zerstörung vieler dieser Kunstwerke. Es ist ein großer Verdienst von Hadi Seif, dass er eine fast vergessene Tradition in einem schönen Buch dokumentiert hat.

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