God is Beautiful and Loves Beauty – The Object in Islamic Art and Cultur

Autor/en: Sheila Blair, Jonathan Bloom (Hrsg)
Verlag: Yale University Press
Erschienen: New Haven und London 2013
Seiten: 408
Ausgabe: Leinen mit Schutzumschlag
Preis: 45,00 englische Pfund
ISBN: 978-0-300-19666-5
Kommentar: Michael Buddeberg, November 2013

Besprechung:
Das von seiner Hoheit, Scheich Hamad bin Khalifa Al Thani, dem Emir von Qatar, zusammen mit der Virginia Commonwealth School of the Arts begründete und alle zwei Jahre stattfindende „Hamad-bin-Khalifa“-Symposium zu Islamischer Kunst und Kultur ist wohl die ambitionierteste Veranstaltung ihrer Art. Das rührige Organisatorenpaar Sheila Blair und Jonathan Bloom, der jeweils ausgewählte Themenschwerpunkt und die Sachkunde der eingeladenen Referenten ließen stets eine Bereicherung von Wissen und Erkenntnissen erwarten, die die Symposien und vor allem die nachfolgend herausgegebenen Symposiumsbände mehr als erfüllten. Nach den Sammelbänden über das Wasser (Rivers of Paradise, 2009) und über die Farbe in Islamischer Kunst und Kultur (And Diverse Are Their Hues, 2011) liegt nun ein dritter Band über das Objekt in der Islamischen Kunst und Kultur vor. Das zugrunde liegende Symposium hat im Oktober 2011 in dem im Jahre 2008 eröffneten und von dem Architekten Pei entworfenen Museum für Islamische Kunst in Doha/Qatar stattgefunden. So lag es nahe, dass die Referenten gebeten wurden, Objekte aus diesem Museum zum Gegenstand ihrer Referate zu machen. Es lag darüber hinaus nahe, auch das Museum vorzustellen, die Idee dafür und ihre Realisierung, die Architektur, das Konzept und die Ausstattung seiner Galerien. Entstanden ist nicht nur ein Sammelband mit fundierten wissenschaftlichen Beiträgen, die wesentliche Bereiche der materiellen Kultur des Islam vom 7. bis zum 19. Jahrhundert abdecken, sondern zugleich so etwas wie ein Museumsführer auf höchstem Niveau. Wer dieses Buch zur Hand nimmt, darin blättert, die Objekte bewundert, Bildunterschriften zur Kenntnis nimmt und schließlich anfängt zu lesen, wird unweigerlich den Wunsch verspüren, dieses außergewöhnliche Museum und seine Schätze an Ort und Stelle zu sehen. Da ist zunächst das in einer weiten Meeresbucht unweit der Skyline des modernen Doha als Solitär ins Wasser gestellte Gebäude, das in genialer Art und Weise Elemente früher islamischer Baukunst mit moderner Museumsarchitektur verbindet. In ihm offenbaren sich sowohl sein Vorbild, das schlichte Brunnengebäude der Ibn Talun Moschee in Kairo aus dem Jahre 879, wie auch die skulpturale Handschrift des amerikanisch-chinesischen Architekten I.M.Pei. Der Architekturkritiker Paul Goldberger betrachtet den Museumsbau in Doha im Kontext moderner Museumsarchitektur von Frank Lloyd Wright, Renzo Piano und Frank Gehry und stellt im Vergleich mit den Museumsbauten von Pei in den USA, Europa und Japan fest, dass dem Architekten mit diesem Bau eine großartige Synthese islamischer Kultur mit der modernen Welt gelungen ist. Das gilt in gleicher Weise für das unter Mitwirkung des französischen Innenarchitekten Jean-Michael Wilmotte gestaltete und ausgestattete Innere des Museums. Hier kommt der von dem ersten Direktor des Museums Oliver Watson hervorgehobene Glücksfall besonders zum Tragen, dass Konzept, Planung, Vorbereitung, Bau und Einrichtung eines Museums von Weltgeltung einer einheitlichen Idee folgen. Während sich vergleichbare Sammlungen in Museumsbauten befinden, die in anderen Zeiten für andere Zwecke errichtet wurden, sind hier Design, Layout, Beleuchtung und Material in idealer Weise auf die Objekte abgestimmt. Und diese sind es natürlich in erster Linie, die die Weltgeltung dieses Museums ausmachen. Es sind nur zwölf der mehreren Tausend in 15 Jahren auf dem internationalen Kunstmarkt erworbenen Objekte, die in ausführlichen Essays vorgestellt werden, deren jedes aber dem titelgebenden Hadith gerecht wird, wonach nur Gott als das Licht des Himmels und der Erde den Menschen befähigt, seinen Schöpfungen solche Schönheit zu verleihen. Es beginnt mit Blättern aus einem 12-zeiligen Koran aus dem 8. Jahrhundert im Format 53 x 68 cm auf schwerem Pergament. Der so genannte „Tashkent Koran“ soll einst 1000 solcher foliogroßen Blätter enthalten haben, und der Beitrag von Francoise Déroche widmet sich neben der Würdigung der Kalligraphie auch den technischen Problemen, ein solch monumentales Werk zu binden. Ca. 100 Jahre jünger sind Stuckpaneele aus einem Palast von Samarra. Der Beitrag von Julia Gonella berichtet von der Größe und Pracht dieser Hauptstadt des Abbasidenreiches, die 892 nach nur 56 Jahren wieder aufgegeben und verlassen wurde und die Ernst Herzfeld im frühen 20. Jahrhundert wieder ans Tageslicht brachte. Am anderen Ende der islamischen Welt, unweit von Cordoba, residierte im 10. Jahrhundert das Kaliphat der Umayyaden, im MIA repräsentiert durch zwei von ehemals 264 Kapitellen aus der Stadt Madinat mit tief in weißen Marmor eingeschnittenen ornamentalen Reliefs mit pflanzlichen Motiven (Antonio Vallejo Triano). Emilie Savage-Smith stellt ein arabisches Manuskript über Astrologie und Sternenkonstellationen vor, das Grundlage für die Herstellung von Astrolabien und Himmelsgloben war, und Aimée Froom erläutert anhand von drei herausragenden Objekten die dramatischen Entwicklungen von Technologie, Form und Dekoration von Keramik vom 9. bis zum 13. Jahrhundert. Wasserkrüge aus Messing mit reichen Gold- und Silbereinlagen, wie sie im 13. Jahrhundert in Mossul hergestellt wurden, gehören zu den gesuchtesten Metallarbeiten des Islam. Ruba Kana´an vergleicht eine besonders schöne Kanne aus der Sammlung Nuhad es Said mit anderen Exemplaren aus den Museen der Welt. Der mamlukische Glasbecher mit Emailledekor aus dem Besitz von Alphonse Baron Rothschild wurde noch vor wenigen Jahren für eine Kopie aus dem 19. Jahrhundert gehalten. Rachel Ward bestätigt im Vergleich mit anderen Glasobjekten die inzwischen nicht mehr zweifelhafte Herkunft aus dem späten 14. Jahrhundert. Die Öffnung Tibets vor 30 Jahren hat vor allem das Wissen um frühe Textilien bereichert. Allein der kleine Bruchteil, der in tibetischen Klöstern durch Glück oder privates Engagement der Zerstörung entging, hat ausgereicht, dass die Textilgeschichte neu geschrieben werden musste. Zehn große Bahnen Lampasgewebe, die wohl als „Goldstoff“ einst ein mongolisches Zelt verzierten, wurden als Baldachin in einem tibetischen Kloster genutzt und werden von Kjeld von Folsach beschrieben. Auch der Tierteppich aus der Sammlung Kirchheim, in dem Michael Franses die bedeutsamste Entdeckung seit der Ausgrabung des Pazyryk Teppichs sieht, kommt aus Tibet. Franses mit europäischen Gemälden und persischen Miniaturen illustrierter Beitrag ist eine Entwicklungsgeschichte des frühen anatolischen Teppichs, die mit der Frage endet, ob die Wiege dieser Tierteppiche nicht vielleicht doch in Persien zu suchen ist. Die drei abschließenden Essays sind islamischer Malerei gewidmet. Mohamed Zakariya bespricht ein so genanntes Murakka, eine osmanische Sammlung von Schriftkunstwerken berühmter Kalligraphen des 17. Jahrhunderts und John Seyller würdigt die 5 im MIA verwahrten Folios aus dem Jahangir-Album, das in dem Jahren um 1600 von den berühmtesten Miniaturmalern Persiens geschaffen wurde. Beeindruckend ist hier vor allem die Qualität und Feinheit von Illumination und Randzeichnungen, die an Lebendigkeit und Ausdruckskraft die eigentlichen Miniaturen noch übertreffen. Geheimnisvolle, fast lebensgroße Ganzkörperportraits exotischer Damen und Herren in europäischer Malweise beschließen den Reigen. Eleanor Sims hält diese aus englischen Manor-Houses stammenden Bilder für Souvenirs britischer Reisender, die diese von begabten persischen Malern im ausgehenden 17. Jahrhundert in europäischer Technik fertigen ließen. Jeder einzelne der Essays stellt das gewählte Objekt in den Kontext seiner Gattung und seiner Zeit, beschreibt seinen Weg durch die Geschichte bis ins Museum und berichtet über die Ergebnisse neuester Forschung. Das Buch macht deutlich, was an Zeit, Geduld und Wissen erforderlich ist, um ein Objekt zu studieren und zu erfassen. Wie gesagt, ein Museumführer, zugleich aber auch ein Buch über islamische Kunst und Kultur auf höchsten Niveau.

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