The Story of Islamic Architecture

Autor/en: Richard Yeomans
Verlag: Garnet Publishing
Erschienen: Reading 1999
Seiten: 240
Ausgabe: Leinen mit Schutzumschlag
Preis: 45.– engl.Pfund
ISBN: 1-85964-108-3
Kommentar: Michael Buddeberg

Besprechung:
Es gibt wohl in der ganzen islamischen Welt keinen Platz, an dem Einheit und Wechselwirkung zwischen gelebtem Glauben und belebter Architektur besser beobachtet werden können als im Hof und in der Gebetshalle der großen Moschee in Damaskus. Dies ist auch der geignetste Platz, um mit einer Geschichte der islamischen Architektur zu beginnen, denn mit einem Baudatum von 706 bis 715 kann sie als die älteste aller bis heute in Gebrauch befindlichen Moscheen der islamischen Welt angesehen werden. Ihre Lage inmitten des Basars, mitten im kommerziellen Zentrum einer orientalischen Stadt, hat sie mit allen später errichteten großen Moscheen gemeinsam ebenso wie die Funktion als einer Oase der Ruhe und Entspannung, als ein Ort der Besinnung und des Gebets, als ein bewußter Kontrast zur hektischen Aktivität in den engen, lauten und staubigen Gassen des Basars. Doch nicht nur Gebet ist hier angesagt, die Moschee ist auch ein Ort der Begegnung, der Erziehung und Ausbildung, ein Platz für Gespräch und Disput und – nicht selten – sogar Kindergarten. Dieses weite Spektrum sozialer Aufgaben einer Moschee hat ganz wesentlich die Entwicklung der sakralen aber auch der weltlichen Architektur in der islamischen Welt bestimmt. Form und Funktion der islamischen Architektur, so stellt Richard Yeomans in seinem einleitenden Kapitel fest, werden durch die Grundlagen der islamischen Religion geprägt. In einem weiteren einleitenden Kapitel werden vom Autor dann die Grundzüge des Islam dargestellt, ausgehend von der Überlegung, daß ohne ein Verständnis des Glaubens sich auch die aus ihm erwachsene Architektur nicht erschließt. Im übrigen ist es das Anliegen des Autors, eine Lücke zu schließen zwischen der oberflächlichen Darstellung und Beschreibung architektonischer Monumente in Reiseführern und einer oft nur schwer zugänglichen, wissenschaftlich und archäologisch ausgerichteten Betrachtungsweise. Das alles geschieht in dem durch die geschichtliche Entwicklung des Islam gezogenen Rahmen vom siebten Jahrhundert bis zum ausgehenden Mittelalter. In jeder Periode setzt Yeomans Schwerpunkte und versucht, an ausgewählten Kleinodien der Baukunst Entwicklungen aufzuzeigen. Für die Architektur der Umaiyaden ist das neben der Großen Moschee von Damaskus natürlich der Felsendom in Jerusalem, errichtet 681/2, von seiner Konzeption eindeutig vorislamisch, jedoch zugleich erstes Beispiel für eines der dominantesten und dauerhaftesten Motive islamischer Kunst und Architektur, den kalligraphischen Dekor. Für die Architektur der Abbasiden im Irak, Iran und in Aegypten steht die gewaltige Moschee von Samarra mit dem durch seine ungewöhnliche Spiralform berühmten Minaret. Das fatimidische Aegypten ist repräsentiert durch die al-Azhar Moschee in Kairo, mit deren Bau 972 begonnen wurde, bis heute ein Zentrum des schiitischen Islam. Spanien und Marokko folgen und hier ist zunächst die unter der Herrschaft der spanischen Umaiyaden errichtete Große Moschee von Cordoba mit der durch ihren Säulenwald bestimmten einzigartigen Rhytmik im Mittelpunkt der Betrachtung. Höhepunkt und zugleich Schlußstrich islamischer Architektur in Südwesteuropa ist die von den Nasriden errichtete Alhambra, Festung und Stadt zugleich, einzigartig in Konzeption, Baugeschichte und Erhaltungszustand. Der Löwenhof und die wohl schönsten Muquarnas-Kuppeln der ganzen islamischen Welt seien hier besondern erwähnt. Ein vollkommener Gegensatz zur Alhambra und doch ebenfalls spezifisch islamisch ist die von dem ayiubidischen Herrscher Malik az-Zahir Ghazi errichtete Zitadelle von Aleppo, Residenzstadt und Militärgarnison zugleich. Für die mamlukische Architektur steht die mächtige Sultan Hassan Moschee in Kairo. Mit den Samaniden und Seldschuken wendet sich der Blick weiter nach Osten und die Freitagsmoschee in Isfahan ist hier das eingehend untersuchte Baudenkmal. Das Kapitel über die osmanische Architektur wird von den großartigen Moscheebauten des berühmten Baumeisters Sinan in Edirne und in Istanbul bestimmt. Zuvor hatten die Timuriden in ihrer Haupstadt Samarkand mit den von drei Medresen gesäumten Registan Platz einen noch heute bewunderten städtebaulichen Höhepunkt geschaffen ebenso wie der safawidische Schah Abbas mit dem Maidan Platz in Isfahan, dominiert durch die Schah-Moschee mit ihrem unübertroffenen Fliesen- und Mosaik-Dekor. Das Buch endet mit einem Blick auf die Architektur Indiens mit Qutb Minar in Delhi, mit der Palaststadt Fatehpur Sikri von Mogulkaiser Akbar, mit dem rajputischen Palast der Winde in Jaipur und dem Taj Mahal, jenem weltberühmten Sinnbild einer über den Tod hinaus reichenden Liebe Schah Jahans für seine verstorbene Frau. Man mag in einer Geschichte der islamischen Architektur bestimmte Bauten in Marokko, im Yemen oder auch in Südostasien vermissen, vielleicht auch eine Darstellung ganz spezifischer Bauformen wie etwa der Karawansereien. Aber es ist gerade die subjektive, sehr persönliche und damit engagierte Auswahl, die den Wert dieses Buches ausmacht. an der bildhaft beschreibenden und zugleich instruktiven Sprache des Autors erkennt man seinen Beruf: Maler und Kunsterzieher. Schade nur, daß die aus zahlreichen Quellen und Agenturen zusammengetragenen Illustrationen oft hinter der Qualität des Textes zurückbleiben. Vielleicht wäre von Fall zu Fall ein Original des Autors, der seit 25 Jahren die Architektur des Orients als Maler festgehalten hat, besser gewesen. (- mb -)

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