Silla – Korea´s Golden Kingdom

Autor/en: Soyoung Lee, Denise Patry Leidy (Hrsg)
Verlag: Metropolitan Museum of Art, Yale University Press
Erschienen: New York, New Haven, London 2013
Seiten: 240
Ausgabe: Leinen mit Schutzumschlag
Preis: USD 65,00
ISBN: 978-0-300-19702-0 (Yale)
Kommentar: Michael Buddeberg, Dezember 2013

Besprechung:
Sie lebten mit goßer Dienerschaft in palastartigen Gebäuden mit öffentlichen und privaten Raumfluchten, mit ausgedehnten Stallungen und Lagerräumen, kleideten sich in feinste, golddurchwirkte Seide und aßen von silbernen und goldenen Tellern und Schalen. Vor allem aber trugen sie aufwändig gearbeiteten Schmuck aus purem Gold, Colliers, Armbänder, zahlreiche Ringe, Gürtel und phantasievolle Ohrgehänge. Einzigartig waren vor allem ihre Kappen, Helme und Kronen in mannigfachen Formen, auch diese aus purem Gold, verziert mit Jade und Goldplättchen. Die Rede ist von den Königsfamilien der koreanischen Silla-Reiche, die in verschiedenen dynastischen Zweigen fast ein Jahrtausend, vom Jahre 57 v.Chr. bis zum Jahre 935 n.Chr. Bestand hatten. Ausgehend von einer kleinen Region im Südosten Koreas gewannen die Königreiche von Silla allmählich die Herrschaft über fast die gesamte koreanische Halbinsel, und die Hauptstadt Gyeongju war im 10. Jahrhundert eine Stadt mit wohl einigen hunderttausenden Einwohnern, nach damaligen Verhältnissen eine internationale Metropole. Noch heute bilden die zahlreichen ansehnlichen Grabhügel der Silla-Dynastien einen markanten Blickfang im Zentrum des modernen Gyeongju. Der archäologischen Erforschung der aus diesen Hügelgräbern geborgenen Schätze verdanken wir die Kenntnis vom Leben der königlichen Familien im alten Korea und von der dominierenden Rolle von Gold. Schon der antiken Welt galt Korea als ein Land des Goldes, und es ist bezeichnend, dass ein arabischer Chronist des 12. Jahrhunderts berichtet, dass dort sogar die Halsbänder von Hunden und Eseln aus Gold gearbeitet sind. Der Titel der Ausstellung im New Yorker Metropolitan Museum of Art (bis zum 23. Februar 2014) und des dazu erschienenen Katalogbuches „Silla, Korea´s Golden Kingdom“ ist daher sehr treffend gewählt; Goldschmuck und Goldgerät bilden deshalb auch die Hauptattraktion der rund 100 Exponate aus den koreanischen Nationalmuseen von Seoul und Gyeongju, viele von ihnen „Nationale Schätze“. Für etwa 400 Jahre, von 400 bis 800 n.Chr. erlebte Silla seine Blüte. Dieser Zeit wachsender Machtfülle und zunehmender Vernetzung mit benachbarten aber auch fernen Kulturen sind Ausstellung und Katalog gewidmet. In acht Essays wird die Geschichte der Silla-Reiche, die Lage, Entwicklung und die Monumente der Hauptstadt Gyeongju, die materielle Kultur, wie sie sich aus den ausgegrabenen Objekten aus Gold und Keramik sowie aus den aus fernen Ländern importierten Luxuswaren erschließt und schließlich der geistige Hintergrund, des um das Jahr 527 als Staatsreligion eingeführten Buddhismus behandelt. Ein Schwerpunkt liegt dabei selbstverständlich auf den attraktiven Goldobjekten, die zu den besten Goldschmiedearbeiten zählen, die je geschaffen wurden. Trotz der Vielfalt angewandter Techniken und der mit bewundernswerter Phantasie stets wechselnden Gestaltung, etwa bei den zahlreich präsentierten Ohrringen, offenbart sich in diesem Goldschmuck ein unverwechselbarer „Silla“-Stil, der nichts seinesgleichen kennt. Die Keramik imitiert häufig die dem Hof und höchsten Kreisen vorbehaltenen Formen der Gold- und Silbergefäße, überrascht aber auch mit äußert originellen Gefäßen in Form vom berittenen Kriegern und Fabeltieren. Besonders faszinierend sind aber diejenigen, in den königlichen Tumuli gefundenen Objekte, die die Einbindung der Silla-Königreiche in einen internationalen oder gar interkontinentalen Handel belegen. Dabei sind die Grabfunde von Tang-Keramik, etwa von Figuren und Gefäßen mit der für die Tang-Dynastie typischen dreifarbigen sancai-Glasur naheliegend, waren doch China und Korea stets Nachbarn mit einem regen Austausch nicht nur von Waren, sondern auch von Ideen, Techniken und Fertigkeiten. Kein Wunder daher, dass die Formensprache koreanischer Baukeramik wie etwa Dachziegel und Bodenfliesen eine enge Verwandtschaft mit chinesischen Vorbildern zeigt. Die Verwendung von Glasperlen im so genannten „indo-pazifischen“ Stil aus Südostasien sowie Objekte, deren Herkunft den Steppenvölkern Zentralasiens zuzuschreiben ist, sind ein Beleg dafür, dass sich die Handelsbeziehungen der Sillas nicht auf ihre unmittelbaren Nachbarn beschränkten. Das geheimnisvollste Objekt ist hier vielleicht der im Jahre 1973 in einem Silla-Grab gefundene „Gyerim-ro-Dolch“ aus Gold mit Einlagen aus Glas und Granatstein. Aus Wandmalereien in Kucha, Kizil und Pendjikent sind ähnliche Dolche bekannt. Technik und Dekor verraten byzantinischen Einfluss, eine Entstehung in der Schwarzmeerregion wird heute vermutet. Für den Silla-König, dem solch eine Rarität aus Gold mit in sein Grab gegeben wurde, war dieser Dolch gewiss ein kostbares exotisches Objekt und zugleich ein Zeugnis von Status und Prestige. Gleiches gilt mit Sicherheit für römisches Glas. Es sind erstaunliche und herausragende römische Glasarbeiten, die ihren Weg vom östlichen Mittelmeer, in einem Fall vielleicht sogar aus einer römischen Glasmanufaktur in Köln, bis in koreanische Königsgräber gefunden haben. Wenn man sich die Schwierigkeiten des Transportes dieser zerbrechlichen Waren von ihrem Herstellungsort bis in die damalige Hauptstadt des Silla-Reiches vorstellt, kann kaum ein Zweifel bestehen, dass diese Schalen, Becher und Krüge weit mehr geschätzt wurden als Gold. Den Ausklang des Buches bilden Beispiele buddhistischer Skulptur aus der Zeit der Silla, hier nicht archäologische Funde, sondern ehrwürdige Objekte, die sich in Tempeln, Schreinen, Grotten und Klöstern erhalten haben. Der einzigartige Bodhisattva Maitreya, „nachdenklich sitzend mit halb verschränkten Beinen“, der dank seiner hohen künstlerischen Qualität schon 1999 die Besucher der Ausstellung „Das Alte Korea“ in München und Zürich in seinen Bann gezogen hat, mag hier als einer der bedeutendsten National-Schätze Koreas für den buddhistischen Aspekt der Silla-Kultur stehen.

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