Arts from the Scholars Studio (2nd Edition)

Autor/en: Gerard Tsang, Hugh Moss
Verlag: The Oriental Ceramic Society of Hong Kong
Erschienen: Hong Kong 2011/12
Seiten: 288
Ausgabe: Leinen mit Schutzumschlag
Preis: nicht mitgeteilt
ISBN: ———-
Link: www.cadesign.hk
Kommentar: Michael Buddeberg, Juni 2012

Besprechung:
Die Zweiteilung der Gesellschaft in die wenigen „da oben“, den Hof des Kaisers und die gelehrte Beamtenschaft, und die vielen „da unten“, also vor allem die ungebildete Menge der im ständigen Elend lebenden Landbevölkerung, zieht sich wie ein roter Faden durch die chinesische Geschichte. Ursprung und Legitimation hat diese scharfe Trennung der chinesischen Gesellschaft in den Lehren des Konfuzius (551-479 v. Chr.), der die strenge hierarchische Ordnung sowohl in der Familie als auch im Staatswesen als grundlegend ansah. Das allerdings, was viele Menschen am Reich der Mitte so fasziniert, die über Jahrtausende bestehende Kontinuität fand erst unter dem Han-Kaiser Wu (reg. 140-86 v. Chr.) ihren eigentlichen Anfang. Verunsichert durch den raschen Verfall vorangegangener Dynastien folgte Wu dem Rat seines konfuzianischen Gelehrten Dong Zhongshu, nur noch die Besten für die Leitung und Verwaltung des Reiches auszuwählen. Mit der Einführung konfuzianischer Schulen und strenger Beamtenprüfungen trug Wu dieser Empfehlung Rechnung und schuf auf diese Weise die staatstragende institutionalisierte Symbiose zwischen dem Konfuzianismus und dem chinesischen Staat. Sie sollte mit wechselnder Intensität in den verschiedenen Dynastien noch über das Ende des Kaiserreichs (1911) bis zum Mai 1919 Bestand haben, als eine Gruppe junger Intellektueller einen revolutionären Bruch mit der Tradition vollzog und eine Entwicklung in Gang setzte, die politisch und sozial den Anfang eines neuen China bedeutete. Zunächst jedoch wuchsen die Macht und die Bedeutung des Gelehrten-Beamten. Wer die schweren Prüfungen bestand, dem waren Karriere und Macht gewiss. Der gelehrte Beamte verbrachte aber nicht seine gesamte Zeit am Schreibtisch seines Büros. Dort erarbeitete er sich nur die Grundlagen für ein Leben als Schöngeist. Kalligraphie, Malerei und Poesie galten als edelster Zeitvertreib des Literatenbeamten, der Ausstattung seines schön lackierten, hölzernen Pavillons im kunstvoll angelegten Garten oder des Studios in seinem Haus widmete er sich ebenso gerne wie dem gelehrten Gespräch mit Freunden bei einem Schälchen Wein. So sind edle Pinsel mit kunstvollen Schäften aus Holz und Porzellan, Reibsteine für Tusche aus seltenen Mineralien, aufwändig gearbeitete Pinselbecher, Trinkgefäße und kleine Objekte aus Jade, Lack und Holz die typische Ausstattung des Gelehrtenstudios. Dass dieser Gelehrtenkultur mit ihrer über zweitausendjährigen Geschichte noch sehr viel mehr als nur Pinsel und deren Ablagen zu verdanken sind, war im Jahre 1986 Gegenstand einer Ausstellung der Oriental Ceramic Society of Hong Kong. Diese Schau mit einem nahezu legendären Erfolg, vereinigte unter dem Thema „Kunst aus dem Studio des Gelehrten“ fast 300 Objekte aus allen Dynastien seit der Zeit des Kaisers Wu und vermittelte einen einzigartigen Überblick über die alle Bereiche von Kunst und Kunsthandwerk umspannende Ästhetik dieser Literatenkunst. Der aufwändige Katalog im Folioformat war rasch vergriffen und wurde zur einer gesuchten und teuren Rarität. Angesichts des wachsenden Interesses an dieser verfeinerten Ästhetik und an den Ausdrucksformen chinesischer Kunst schlechthin, wagte die Oriental Ceramic Society unter ihrem derzeitigen Präsidenten Chris Hall einen Nachdruck dieses wichtigen Werkes. Es erschien vor kurzem in einer Auflage von 1500 nummerierten Exemplaren. Der einfühlsame, einleitende Text und die ausführlichen Beschreibungen aller Objekte von Gerard Tsang und Hugh Moss sind eine exzellente Einführung in ein wichtiges aber wenig behandeltes Thema der chinesischen Kunst- und Kulturgeschichte. Der Schwerpunkt liegt dann auch weniger bei Malerei und Kalligraphie, auch nicht bei Porzellan oder Snuffbottles, die allesamt reichlich in der Literatur behandelt sind, sondern bei ausgefalleneren Gegenständen wie Papiergewichten, Dosen und Döschen für verschiedenste Zwecke, Glasobjekten, Saiteninstrumenten, seltsam von der Natur geformten Steinskulpturen, Trinkbechern aus Rhinozeroshorn, Fächern, Szeptern und anderem mehr. Entsprechend der Zeit des ersten Erscheinens kommt ein wichtiger Bereich jener Gelehrtenkunst etwas zu kurz, der in den seither vergangenen 25. Jahren einen ungeahnten Siegeszug angetreten hat. Dies sind die Möbel der späten Ming-Dynastie, die sich durch ihr edles Material, ihre handwerkliche Perfektion und ihre auf eine elegante Schlichtheit reduzierte Ästhetik auszeichnen. Sie sind ein typisches Produkt einer Literatenelite, die sich angesichts eines despotischen Machtgehabes der Mingkaiser in eine ästhetisch äußerst fruchtbare innere Emigration zurückgezogen hatte. Nur einige wenige Kleinmöbel aus dem unvergleichlichen Huanghuali künden diesen Siegeszug schon an. Da indessen auch hier inzwischen reichlich Literatur vorliegt, ist dieser Mangel zu verschmerzen und das Buch jedem an dieser verfeinerten Gelehrtenkunst Interessierten zu empfehlen.

Näheres und Lieferung über CA Design Book Club, 16th floor, China Hong Kong Tower, Wanchai, Hong Kong, cadesign@pacific.net.hk, www.cadesign.hk

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