Early Capitals of Islamic Culture – The Artistic Legacy of Umayyad Damascus and Abbasid Baghdad (650-950)

Autor/en: Stefan Weber, Ulrike Al-Khamis, Susan Kamel (Hrsg)
Verlag: Hirmer Verlag
Erschienen: München 2014
Seiten: 144
Ausgabe: Hardcover
Preis: € 29,90
ISBN: 978-3-7774-2244-2
Kommentar: Michael Buddeberg, November 2014

Besprechung:
Die Aktivitäten des absoluten Herrschers von Abu Dhabi, Sheikh Khalifa bin Zayed Al Nahyan, sein Emirat in den Olymp der bedeutendsten Kulturstätten der Welt zu hieven, haben nicht ungeteilte Zustimmung gefunden. Warum, so lautet die Kritik, soll ausgerechnet dort, wo vor Jahrzehnten nichts als Sandwüste war und das kulturelle Leben von einigen Perlentauchern und arabischen Händlern bestimmt wurde, ein Brennpunkt der Weltkulturen entstehen? Doch mit dem Reichtum aus Öl und der Idee, für die Zeit danach schon heute Vorsorge zu treffen scheint alles möglich. So wird denn auf dem einst nur von Mangroven bedeckten und Abu Dhabi vorgelagerten Saadiyat Eiland heftig gebaut und in den kommenden Jahren werden das von Frank O. Gehry entworfene Guggenheim Museum, das Sheikh Zayed National Museum von Norman Foster, der Louvre Abu Dhabi von Jean Nouvel und einige weitere Kunsttempel ihre Pforten öffnen, um anlässlich der Expo 2020 Abu Dhabi als das neue Mekka für den internationalen Kunsttourismus zu präsentieren. Über diesen öffentlichkeitswirksamen Vorhaben wird kaum wahrgenommen, dass sich das nur wenige Autostunden nördlich der Glitzerwelten von Abu Dhabi und Dubai gelegene kleine Emirat Sharjah seit mindestens zwei Jahrzehnten der Kultur und Bildung verschrieben hat, freilich nicht einer Weltkultur, was immer das heißen mag, sondern dezidiert der Kultur der arabisch-islamischen Welt. Und so ist es nur folgerichtig, dass Scharjah für das Jahr 2014 schon zum zweiten Mal nach 1998 zur Hauptstadt der Islamischen Kultur gekürt wurde. Nicht weniger als zwanzig Museen finden sich hier auf engem Raum und neben durchaus sehenswerten Museen, die sich der Kalligraphie, der Wissenschaft, der lokalen Seefahrt, Fischerei und dem Perlentauchen widmen, einer „Heritage Area“ mit einer aus Korallenstein gebauten, alten Perlentaucher-Residenz und einem Aquarium, ist vor allem das in einem dekorativen alten Souk-Gebäude – „alt“ bedeutet hier wenige Jahrzehnte – residierende Museum of Islamic Civilization zu erwähnen.

Bis zum 17. Januar 2015 ist dort die in Kooperation mit dem Islamischen Museum in Berlin veranstaltete Ausstellung zu sehen, zu der auch ein kleiner aber feiner Katalog in englischer und arabischer Sprache erschienen ist. Das Thema, die Hauptstädte der ersten beiden islamischen Dynastien der Umayyaden (661-750) und der Abbasiden (750-1258), Damaskus, Bagdad und Samarra, passt ideal in das Umfeld von Sharjah, in die Welt der Vereinigten Arabischen Emirate, die die städtische Entwicklung des ausgehenden 20. und beginnenden 21. Jahrhunderts par excellence spiegeln. Unweit der Emirate, im Mittleren Osten, entwickelten sich die ersten städtischen Zentren unserer Welt; die rasche Ausbreitung des Islam brachte ihnen Zuwachs an Macht und Bevölkerung und unter den Abbasiden war Bagdad mit mehr als einer Million Einwohnern das Zentrum eines Weltreiches. Das Experiment Samarra, die im Jahre 836 begonnene Errichtung einer gigantischen neuen Stadt mit einer Ausdehnung von 50 Kilometern entlang des Tigris, mit riesigen Palästen und monumentalen Anlagen, die nach knapp 60 Jahren wieder aufgegeben wurde, weckt zwangsläufig die Frage nach der Dauerhaftigkeit dessen, was heute in den Golfstaaten entsteht. Des ungeachtet ist die Zusammenarbeit zwischen den Museen in Berlin und Sharjah, die Reise und Präsentation bedeutender Objekte eines traditionellen westlichen Museums für fremde Kulturen an ein junges Museum der betreffenden Region ein Gewinn für beide Seiten und ein Trendsetter für den Aufbau kultureller Beziehungen. Die aus Berlin nach Sharjah gereisten Objekte, Metallarbeiten und Münzen, frühe Koranblätter, Keramik und Fragmente der Palastdekorationen aus Samarra in Verbindung mit den zahlreichen kleinen Essays des Kataloges zeigen vor allem, wie die islamische Kultur der ersten beiden Dynastien aus dem fruchtbaren Boden des späten Altertums im Mittleren Osten, aus den Kulturen im östlichen Mittelmeer, in Mesopotamien und im Iran erwuchs, dass ihr Beitrag zum kulturellen Erbe der Welt jenseits aller militärischen Eroberungspolitik die Frucht eines lebendigen Austauschs zwischen den Kulturen und Zivilisationen gewesen ist. So wie nun der Ausstellungskatalog, der dies darüber hinaus durch konsequente Zweisprachigkeit in arabischer und englischer Sprache dokumentiert.

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