Chahar Mahal va Bakhtiari, Village, Workshop and Nomadic Rugs of Western Persia

Autor/en: Peter Willborg
Verlag: J.P.Willborg AB
Erschienen: Sibyllegatan 41, 11442 Stockholm Okt 02
Seiten: 404
Ausgabe: Leinen mit Schutzumschlag
Preis: 75.– engl. Pfund
ISBN: 91-87992-10-8
Kommentar: Michael Buddeberg

Besprechung:
Armenibaff oder Bibibaff – immer wieder stößt man in der Teppichliteratur und im Teppichhandel auf diese geheimnisvollen Händlerbezeichnungen, die so ein bisschen nach Tausend und eine Nacht klingen oder nach Ali Baba und seinen 40 Räubern, jedenfalls immer sehr nach tiefem Orient. Und immer verbergen sich hinter diesen klangvollen Bezeichnungen Teppiche mit schöner glänzender Wolle, verhältnismäßig grober Knüpfung, vor allem aber mit glutvollen, harmonischen Farben. Manchmal heißen diese Teppiche auch Bachtiari und das ist dann schon sehr viel konkreter, denn die Bachtiaren sind ein in Persien lebendes Nomadenvolk, und von den persischen Nomaden, etwa den Q´ashgai, den Luren oder den Afscharen weiß man, dass sie die Kunst der Färbens und den Knüpfens mitunter vollendet beherrschen. Doch wo genau diese Teppiche geknüpft wurden und von wem und über das Alter dieser Knüpftradition war bisher kaum etwas bekannt. Das mag seinen Grund darin haben, dass die Armenibaff, Bibibaff oder Bachtiari bislang mehr den Einrichtungsteppichen zugeordnet wurden, ältere oder gar alte Stücke kaum bekannt waren, und das Sammlerinteresse daher eher gering war. Mit dem opulenten und sorgfältig gestalteten und hergestellten Buch von Peter Willborg, das im übrigen die vielbeachtete Ausstellung „The Colours and the People of Bakhtiari“ in Stockholm im Oktober und November 2002 begleitet hat, hat sich die Wissenslücke geschlossen. In diesem Buch kann man sich informieren über die Geschichte der Bachtiaren und ihrer Stammesführer, der Khans, über den allmählichen Wandel vom Nomadismus zur Sesshaftigkeit und über ihr geographisches und klimatisches Umfeld. Die Bachtiaren leben im Westen und Südwesten von Isfahan, an den östlichen Ausläufern des zentralen Teils des Zagros Gebirges. Die ganze Region besteht aus einem knappen Hundert von Dörfern oder kleinen Landstädten und in den höheren Regionen auch aus nomadischen Siedlungen und den Sommerweiden mit ihren traditionellen schwarzen Zelten. Die durchschnittliche Seehöhe beträgt über 2000 Meter und das Klima ist rauh und ausgeprägt kontinental, mit einem kurzen, heißen Sommer und langen, sehr kalten und schneereichen Wintern. Der Autor hat die Städtchen, Dörfer und Yaylas besucht und fotografiert und so erhalten wir einen vorzüglichen Eindruck von diesem Bergland, von seinen Bewohnern und ihrem Leben. Doch im Vordergrund stehen natürlich die Teppiche der Bachtiaren. Die etwa 300 in vorzüglicher Druck- und Farbqualität abgebildeten Stücke entfalten ein wahres Feuerwerk an Mustern, Farben und Variationen und bieten damit einen Überblick und Zugang zu einem bisher wenig bekannten Bereich persischer Nomaden-, Dorf- und Manufakturteppiche. Die letzteren, manchmal auch Khan-Teppiche genannt, sind vielleicht noch die bekanntesten. Ihre Größe, die exzeptionelle Qualität der Wolle und der Farben und ihre Mustervielfalt, oft mit eingeknüpften Signaturen und Widmungen, machen sie zu herausragenden Zeugnissen persischer Knüpfkunst. Während diese Khan-Teppiche zu den eher frühen Stücken aus dem späten 19. oder dem frühen 20. Jahrhundert gehören – der älteste bekannte Bachtiari-Teppich, ein Khan-Teppich, datiert mit 1805, ist eine außergewöhnliche Rarität – wurde der weit überwiegende Teil der Dorf- und Nomadenteppiche in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hergestellt. Die deshalb nahe liegende Vermutung der Verwendung synthetischer Farben trifft allerdings nicht zu. Die Bachtiaren haben bis weit ins 20. Jahrhundert hinein ausschließlich Naturfarben verwendet und das ist, neben der glanzreichen Wolle der Gebirgsschafe, das Geheimnis der frischen, leuchtenden und harmonischen Farben dieser Teppiche. Die häufigsten Muster dieser Teppiche, ein sicherlich aus den klassischen Gartenteppichen abgeleitetes Design mit einem in quadratische (khesti-Design) oder rautenförmige (sarv-o-kadj- oder ghab-Design) Sektionen geteiltes Feld, jedes Quadrat oder jede Raute gefüllt mit mehr oder weniger stilisierten und abstrahierten Blumen, Blüten, Bäumen und Vögeln, bringen diese Symphonie kräftiger, warmer Farben vollendet zur Geltung. Für die Vielfalt anderer Muster, ob Streifen- oder Medaillon-Design, ob Teppiche mit Gebetsnische oder Heratimuster gilt nichts anderes, ebenso wie für die weichen, lockeren Gabbehs der Bachtiaren, in ihrer Sprache khersak genannt, das Wort für „kleiner Bär“. Die besondere Qualität dieses Buches liegt in der Vollständigkeit, mit der die Teppiche der Bachtiaren vorgestellt werden. Das Nebeneinander von Kommerzware und relativ frühen, urtümlichen Stücken, von Gabbehs und Khanteppichen, der Versuch einer Zuschreibung zu bestimmten Dörfern und Regionen, Strukturanalysen der meisten Stücke, machen es zu dem Standardwerk über den Bachtiari-Teppich. (- mb -)

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