Der Goldene Faden – Bestandskatalog der Textilien aus China, Korea und Japan im Museum für Ostasiatische Kunst Köln

Autor/en: Walter Brix
Verlag: Wienand Verlag
Erschienen: Köln 2003
Seiten: 312
Ausgabe: Hardcover illustriert
Preis: EUR –.–
ISBN: 3-87909-811-5
Kommentar: Michael Buddeberg, September 2003

Besprechung:
Bis vor wenigen Jahren wurden Textilien im Bestand ostasiatischer Sammlungen oder Museen wenig beachtet. Skulptur, Malerei, Jade und natürlich Porzellan standen im Vordergrund des Interesses. Bedeutende Ausstellungen, z.B. „Heavens Embroidered Cloth“ im Hong Kong Museum of Art oder „When Silk was Gold“ im New Yorker Metropolitan Museum oder prächtige Bestandkataloge wie „Imperial Silks“ des Minneapolis Art Institute haben diese Situation geändert. Zu Recht, denn ganz besonders in den Ländern Ostasiens, allen voran natürlich China, sind Textilien ein einzigartiger Spiegel ihrer Zeit, ein wichtiger Schlüssel zum Verständnis der geistigen, künstlerischen, materiellen, wirtschaftlichen und sozialen Grundlagen und Verhältnisse eines Landes. All diese wichtigen Publikationen sind in englischer Sprache erschienen. Auch das aber hat sich nun mit dem vorliegenden Bestandskatalog chinesischer, japanischer und koreanischer Textilien aus dem Museum für ostsiatische Kunst in Köln geändert. Und wer hätte das gedacht? Knapp 400 Textilien formen einen beachtenswerten Bestand und einen repräsentativen Überblick über die textile Kultur Ostasiens vom 18. bis zum frühen 20. Jahrhundert. Die Textilien im ostasiatischen Museum in Köln sind keine in sich geschlossene Sammlung, die durch gezielte Erwerbungen abgerundet wurde, sondern es sind, ausgehend von einem kleinen Gründungsbestand, mehr oder weniger zufällig hinzugekommene Schenkungen und Stiftungen, die in dem stattlichen Band vorgestellt werden. Hervorzuheben ist hier vor allem das Legat der Kölner Kunsthändlerin Editha Leppich, das fast 200 textile Objekte umfasst und damit ganz wesentlich zu dieser Sammlung beiträgt. Von einigen ganz wenigen Stücken aus der Ming-Zeit abgesehen, dokumentiert die Sammlung die textile Kultur der Qing-Zeit. Gemessen am Alter chinesischer Textilkultur – die ältesten bekannten chinesischen Seidengewebe reichen bis in die Zeit der streitenden Reiche zurück – ist dies ein kurzer und natürlich auch später Zeitabschnitt, der aber hier in großartiger Vollständigkeit präsentiert wird. Von der Staatsrobe einer kaiserlichen Konkubine über Rangabzeichen, Damenröcke, Jacken, Krägen, Ärmelbänder, Über- und Untergewänder reicht der Reigen von Kleidungsstücken. Accessoires wie Hüte, Schuhe, Gürtel und Bänder sind reich vertreten ebenso wie Gewänder, Roben und Ausstattungstextilien aus buddhistischen Tempeln – hier dominiert Japan – und japanischen Theatern, ergänzt durch Wandbehänge Kissen, Decken und Tücher für vielfältige Zwecke. Selten gesehene Raritäten sind zwei in China für den tibetischen Markt gefertigte, gestickte Thankas (leider ohne Abbildung) oder 15 Fragmente bedruckten Hirschleders für japanische Samurai-Rüstungen. Alle Techniken und Materialien sind vertreten, komplizierte Seidengewebe, Stickerei-Techniken und die Schlitzwirkerei (kesi), letztere mit Bildern und Behängen, die an die große Zeit dieser Technik während der Dynastien der Song und der Ming erinnern. Dem eigentlichen Katalog sind Vorwort, Einführung und einleitende Essays vorangestellt, die in die textilen Techniken und Materialien der Qing-Zeit einführen, die aber vor allem die Textilien in das historische Umfeld ihrer Zeit stellen und die Bedeutung der Textilien, der Kleidung vor allem, in der Gesellschaft darstellen. In kaum einer anderen Gesellschaft wie in der chinesischen hat Kleidung neben ihrem praktischen Nutzen vor allem dazu gedient, Rang und sozialen Status einer Person auszudrücken und die gesellschaftliche Hierarchie zu festigen. Eroberer des chinesischen Kernlandes – das gilt für die Mongolen ebenso wie für die nomadischen Mandschus, die im 17. Jahrhundert die Qing-Dynastie gründeten – bedienten sich dieses rituellen, ikonographischen und modischen Diktats als Sinnbild der übernommenen Macht und wussten es zu nutzen, diese Macht mit diesem Mittel über lange Zeiträume zu erhalten. Im Falle der Mandschuren waren das immerhin mehr als zweieinhalb Jahrhunderte, ein Zeitraum, der, parallel zum Schicksal der Dynastie, in der textilen Kultur sowohl Höhepunkte aber auch den Verfall und Niedergang umfasst. Der Goldene Faden ist damit nicht nur ein vollständiges Kompendium der textilen Kunst Ostasiens jener Zeit sondern auch ein Spiegel vom Aufstieg und Niedergang der Quin-Dynastie.

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