Oriental Carpet and Textile Studies, Volume VI

Autor/en: Murray L. Eiland, Jr. Pobert Pinner (Hrsg)
Verlag: International Conference on Oriental Carpets
Erschienen: Washington D.C. 2003
Seiten: 240
Ausgabe: Broschur
Preis: 65.– US-$
ISBN: 1889666-07-6
Kommentar: Michael Buddeberg, März 2003

Besprechung:
Es ist vor allem das Verdienst von Robert Pinner, dem Vater der ICOC, daß mit OCTS VI wieder ein Band die-ses wichtigsten Kompendiums der Teppichwissenschaft vorliegt. Er enthält nicht weniger als 41 der Vorträge, die im September 1999 anläßlich der IX. ICOC in Mailand gehalten wurden. Wer es je unternommen hat, ein Sammelwerk mit Beiträgen zahlreicher Autoren herauszugeben, weiß um die Probleme mit Manuskripten und Terminen, mit säumigen Autoren und fehlenden Bildern, mit Lektoren und Druckern, Druckfahnen, Korrektur-abzügen und nicht eingehaltenen Versprechen. Großer Dank also für die herausgeberische Leistung von Murray Eiland und die dahinter stehende, unermüdlich treibende Kraft Robert Pinners. OCTS VI weckt Erinnerungen an eine oft unvollkommen und improvisiert erscheinende aber in ihren Glanz- und Höhepunkten einzigartige und unvergeßliche Konferenz in Mailand, Florenz und Venedig. Höhepunkt mag für viele die Ausstellung zuvor noch nie gesehener klassischer Teppiche und Fragmente der geheimnisvollen Bardini-Sammlung in Florenz gewesen sein, und so ist es nur konsequent, daß der erste Abschnitt des Bandes über frühe und klassische Teppi-che mit dem Beitrag von Tom Farnham über die Bedeutung des italienischen Teppichhandels, allen voran jener Stefano Bardini, für die Sammlungen amerikanischer Museen – und nicht nur für diese – beginnt. Untersuchun-gen über das Lebensbaummotiv (Susan Day), die mythologischen Ursprünge stilisierter Vogelmuster (Cyrus Parham), klassische Vasenteppiche (Christine Klose) und frühe Tierteppiche (John Mills) folgen. John Mills muß bei diesem Teppichtyp mit Ausnahme ganz weniger erhaltener Fragmente auf Darstellungen in Gemälden zurückgreifen. Von einem anderen heraldischen Motiv in Teppichen, Adler und Löwe, haben sich nicht einmal Fragmente erhalten. Daß es sie gegeben haben muß, zeigt Mary Moser an toskanischen Bildern des 13. und 14. Jahrhunderts. Noch weiter zurück geht Nikita Tsarev mit der Untersuchung von Filzteppich-Fragmenten, die in Gräbern von Noin-Ula in der nördlichen Mongolei gefunden wurden, während Ali Hassouri anhand diverser Werkzeuge gar nachzuweisen sucht, daß im Iran schon vor der Bronzezeit Teppiche geknüpft wurden. Der Ab-schnitt über kaukasische Teppiche ist vor allem moderner Feldforschung durch Murray Lee Eiland und Raoul Tschebull gewidmet, einem außerordentlich wichtigen Unterfangen, denn in wenigen Jahren werden die letzten Zeitzeugen einer alten Tradition verschwunden sein. Zahlreich sind die Beiträge über anatolische Arbeiten, etwa über flachgewebte Kameldecken, ein wichtiger Teil der Webtradition anatolischer Nomaden (Serife Atlihan), oder über südostanatolische Begräbnisteppiche, über Stücke also, die nie in den Handel kamen, da sie nur zum Bedecken des Sarges benutzt und dann der örtlichen Moschee übereignet wurden (Nalan Türkmen). Harald Böhmer berichtet über die Migration eines wenig bekannten Yürüken-Stammes, der noch heute ganz ursprüngli-che Kelims nur für den eigenen Bedarf webt. Der aufregendste Beitrag dieses Abschnitts ist aber zweifellos der Bericht von Martha Henze über die erstaunliche Entdeckung bedeutender und früher anatolischer Kelims in christlichen äthiopischen Kirchen, eine bisher vollkommen unbekannte Tradition. Marokko folgt mit Beiträgen über Webarbeiten aus dem Mittleren Atlas (Alfred u. Susanne Saulniers) und die erst jüngst entdeckten hennage-färbten Textilien des Anti-Atlas (Anette Korolnik-Andersch). Turkmenistan und Zentralasien sind in Form von Ikats, Susanis und anderen Nadelarbeiten, alles Schätze aus verschiedenen Moskauer Museen, vertreten (Olga Gordeeva und Marina Kuznetsova), bevor Soren Neergaard eine mathematisch-geometrische Untersuchung über das Verhältnis von Primär- und Sekundärgüls in turkmenischen Teppichen vorlegt. Mit Anmerkungen zu den Methoden und Techniken der Reinigung von Teppichen behandelt schließlich Annamaria Morassutti ein ganz heißes Eisen, und ihre Anleitung zur Naßwäsche mag – bei aller Vorsicht – nicht bei allen Konservatoren Zu-stimmung finden. Eine Auswahl nur des Gebotenen, die aber zeigt, das es zur Zeit keine andere Publikation auf diesem Gebiet gibt, die eine solche Vielfalt unterschiedlichster Informationen zu vermitteln vermag. (Bestelladress: www.icoc-orientalrugs.org)

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