Die Banjaren und ihre Stickereien

Autor/en: Michael Beste
Verlag: Eigenverlag
Erschienen: Abenden 2002
Seiten: 50 Seiten und 38 Tafeln 118 Farb-Abb.
Ausgabe: broschiert
Preis: EURO –.–
Kommentar: Michael Buddeberg

Besprechung:
Ihre Stickereien sind so unbekannt wie sie selbst. Die Banjaren sind im modernen Indien ein lebendiger Anachronismus, ein Volk in den Zwischenräumen der sozialen Ordnung. Sie zählen zu den nomadisierenden oder halbseßhaften Bevölkerungsgruppen, Hindus zwar, aber ohne Einbindung in das System der Kasten. Sie haben eine eigene soziale und gesellschaftliche Ordnung, ein kompliziertes System von Klan-Namen und Stammbäumen, eigene Priester und Schamanen und eine eigene Sprache. Wer sind die Banjaren, woher kommen sie und in welchem Kontext muß man ihre Textilien sehen? Die kleine Schrift von Michael Beste versucht, anhand der wenigen Literatur und eigener Feldarbeit Antwort auf diese Fragen zu geben. Barden waren sie einst, fahrende Sänger an den Höfen der Rajputen, denen sie auch sonst zu Diensten waren, ein Volk mit einem Sonderstatus, den es sich bis heute bewahrt hat. Ein Sprachvergleich weist sie als Vorfahren der europäischen Roma und Sinti aus, mit denen sie in der Tat vieles gemein haben, Tabus und Hochzeitsbräuche etwa, das selbstbewußte Auftreten oder das Festhalten an Traditionen. So sprechen auch ihre textilen Arbeiten, vornehmlich Stickereien, eine eigene Sprache. Ihre Muster unterscheiden sich von allem, was man sonst aus Indien kennt. Keine Spur von Blumen, Pfauen oder Elefanten wie sie üblicherweise den indischen Musterschatz bilden, auch keine starre Geometrie wie bei den Baghs und Phulkaris. Die Tücher, Taschen und Täschchen, Gürtel und Bänder, Blusen und Röcke der Banjaren, ihr textiler Schmuck für Stirn und Hörner der verehrten Ochsen, ist streng geometrisch, zusammengesetzt aus kleinen Quadraten, Rechtecken, Rauten, Kreisen, Dreiecken und Zickzacklinien, abstrakte Kreationen mit einem instinktiven Gefühl für die Harmonie von Proportionen und Farben. Viele Stücke sind mit kleinen Spiegeln besetzt, mit Kaurimuscheln oder mit kleinen Bleianhängern, Signale des sozialen Status des Trägers oder der Trägerin. Dominierendes Motiv, das sich in unmittelbaren oder abgewandelten Formen in fast allen Stickereien findet ist das Quincunx- oder Fünfpunktmotiv. Die Zahl fünf und deren Anordnung im Quincunx spielt in der Philosophie und Kosmologie Indiens eine wichtige Rolle und so kann dieses immer wiederkehrende Motiv in den Stickereien der Banjaren als Symbol für die Ordnung des Universums gesehen werden, Ausdruck uralter Bedeutung der textilen Muster. Techniken, Typen und regionale Besonderheiten der Banjara-Stikereien werden von Michael Beste umfassend beschrieben und gezeigt. (- mb -)

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