Ehe die Spuren verwehen – Schmuckpferdedecken

Autor/en: Karl Claus
Verlag: Galerie Claus
Erschienen: Modautal/Galerie Claus, Am Felsenkeller 43, D-64397 Modautal 2000
Seiten: 180
Ausgabe: hardbound
Preis: DM 298.–
Kommentar: Michael Buddeberg

Besprechung:
Das Buch ist in einer Hinsicht ein Meilenstein der Teppichliteratur. In einem aufwendigen digitalen Druckverfahren vom Autor selbst direkt aus dem Computer gedruckt, zeigt es Möglichkeiten aber auch Grenzen moderner Vervielfältigungstechnik. Die Möglichkeiten sind faszinierend, vielleicht auch beängstigend: Jeder Sammler mit entsprechender hard- und software und dem nötigen Know-How wird künftig in der Lage sein, seinen eigenen Sammlungskatalog zu vervielfältigen und über das Internet zu vermarkten. Verleger, Hersteller, Buchgestalter werden entbehrlich. Vorteil oder Nachteil? – das kommt ganz auf den Standpunkt an. Die fehlende Zwischenschaltung von Lektor, Hersteller, Lithograph und Drucker können der zu übermittelnden Nachricht des Autors und Sammlers durchaus dienlich sein. Doch eines muß man feststellen: Das Buch macht die, jedenfalls zur Zeit noch bestehenden Probleme dieser modernen Verfielfältigungstechnik deutlich: Druckbild und Druckqualität, Farbwiedergabe und Detailreichtum, die Papierqualität schließlich erscheinen nicht optimal, kurz: die sinnliche Freude, die ein schönes, konventionell und sorgfältig gestaltetes und hergestelltes Buch bereitet, kommt nicht recht auf, und teuer ist das Verfahren auch noch. Doch nun zum Inhalt: Schmuckpferdedecken gehört zu den raren Zeugnissen der Sammelleidenschaft, die nicht hoch genug gelobt werden können. Wie viele hochinteressante und mit großen Engagement und Wissen zusammengetragene Sammlungen gibt es und wie wenig wird davon publiziert! Welcher Sammler unterzieht sich der Mühe, die von ihm gefundenen Objekte, vor allem aber das mit ihnen erworbene Wissen über sein Sammelgebiet in einem Buch zugänglich zu machen? Der Sammler Karl Claus gehört zu den Wenigen, die dies getan haben. Mit Schmuckpferdedecken legt Claus nicht nur ein Dokument einer Jahrzehnte währenden Leidenschaft vor, sondern vor allem ein Kompendium eines Sammelgebietes, das, wie kaum ein anderes, einen Einblick in unterschiedlichste Techniken und Provenienzen orientalischer Textilkunst eröffnet. Die Beschränkung auf Pferdedecken, auf Schabraken, also auf die meist unter dem Sattel liegenden oder gar ohne Sattel verwendeten Textilien, ist ein konzentrierter Ausschnitt aus dem weiten Bereich des orientalischen Tierschmucks. Die 69 Exemplare der Sammlung Claus, nicht nur Schmuckdecken sondern auch Gebrauchsstücke, umfassen einen weiten Bereich. So finden wir Beispiele von Pferdedecken von Marokko bis Japan und von Anatolien bis Tibet. Der deutliche Schwerpunkt liegt bei den nomadischen Produkten Persiens, dem Tierschmuck der Schahsavan, Gaschgai, Bachtiari und der Afscharen. Höhepunkte der Sammlung sind eine usbekische Goldfadenstickerei auf einer höfischen Schabracke aus dem Buchara des 18. Jahrhunderts, die wohl einzig bekannte Pferdedecke der Saryk-Turkmenen und nicht weniger als vier der äußerst seltenen und gesuchten tibetischen Pferdedecken in der typischen Trapezform. Das Buch ist nach einer 1991 in Italien erschienenen Publiktion zum Thema und einigen verstreuten Beiträgen in Büchern und Zeitschriften eine wichtige Monographie zu einem Sammelgebiet, das sich bis weit ins 20. Jahrhundert seine Ursprünglichkeit bewahrt hat. Die kleine Auflage, das exclusive Thema und die Premiere einer zukunftsweisenden Drucktechnik wird das Buch zu einer gesuchten Rarität der Teppichliteratur machen. (- mb -)

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