Textilien Mittelasiens, Band 1

Autor/en: Reinhold Schletzer
Verlag: Reinhold Schletzer Verlag
Erschienen: Berlin 2000
Seiten: 310
Ausgabe: Leinen
Preis: DM 128.–
ISBN: 3-921539-91-9
Kommentar: Michael Buddeberg

Besprechung:
Eine kleine Kritik vorweg: Die Fundstellen der in dieser Sammlung zusammengetragenen Quellen zur Textilkunst muß man sich mühsam aus dem Literaturverzeichnis zusammensuchen. Und auf die Frage nach der Quelle und dem Erscheinungsdatum des umfangreichen Beitrages von J.Jajczay „Die Symbolik des orientalischen Teppichs“ gibt auch das Literaturverzeichnis keine Antwort. Alles andere kann begeistern und man kann Reinhold Schletzer nicht genug danken, daß er es unternimmt, wichtige und so gut wie unzugängliche Beiträge aus dem Russischen zu übersetzen und in gediegener Aufmachung herauszugeben. Der „Moschkowa“ (Teppiche der Völker Mittelasiens) und dem ersten Band der Materialien hierzu folgt nun im Rahmen der Beiträge zur sasanidischen und frühislamischen Kunst ein erster Band, dessen Schwerpunkt die Erforschung „sasanidischer“ Gewebe, oder genauer, der sogdischen Seidenweberei vom 6. bis zum 9. Jahrhundert ist. 30 Jahre textiler Forschung breiten sich vor uns aus und die Geschichte der zunehmend besseren Lokalisierung und Datierung dieser Gewebe ist ausgesprochen spannend. Die Herkunft dieser Ornamente, Medaillons, Kompositionen im Kreis, gegenständig dargestellten Löwen, Vögel, Enten, phantastische Wesen, Senmurve, Eberköpfe und Hirsche aus der sasanidischen Kultur ist durch Steinreliefs, etwa aus Tak-i Bustan so gut wie sicher (Djakonowa, 1969). Wie kam es nun, daß diese Ornamente zum bevorzugten Motiv der sogdischen Seidenweberei wurden, daß sie im gesamten Osten, von Byzanz bis China so beliebt wurden, daß sie gar bis ins 17. Jahrhundert nachzuweisen sind (Belenizkij/Bentowitsch, 1961)? Die politische Entwicklung, die Verbreitung der Kunst der Seidenherstellung, vor allem aber die Seidenstraße und die bedeutende Rolle sogdischer Händler und Handwerker spielten hier eine wesentliche Rolle. Mark Aurel Stein hat als erster schon in den 20er Jahren die sogdische Herkunft dieser Seidengewebe erkannt, die sich vor allem in den Kirchenschätzen katholischer Kathedralen oder in Fürstensärgen erhalten haben (Jerusalimskaja, Leningrad 1972). Es war dann ein glücklicher Zufall aber auch eine wissenschaftliche Meisterleistung, daß Henning auf der Rückseite eines Seidenfragments mit geflügelten Löwen aus der Kathedrale des belgischen Huy einen sogdischen Zoll- oder Handelsvermerk entdeckte, der sich als „zandaniji“ entziffern ließ (Shepherd/Henning, Berlin 1959). Damit war Zandane, ein Ort unweit von Buchara, seit jeher für seine meisterliche Webkunst berühmt, als Herkunftsort für diese Gewebe identifiziert, Gewebe, die seither den Namen „zandaniji“ tragen. Die Entdeckung sogdischer Wandmalereien in Balalyk-tepe, in Pendshikent und in Samarkand sowie Ausgrabungsfunde von Astana, Dunhuang und Moshchevaya Balka gaben weitere Impulse und so konnte Dorothy Shepherd (München 1981) eine Übersicht und Klassifizierung von mittlerweile immerhin 102 „zandaniji“ veröffentlichen. Es war eine gute Idee von Reinhold Schletzer, diese in englischer Sprache in Deutschland erschienenen Beiträge von Shepherd und Henning hier im Original mit zu veröffentlichen. Aufsätze über eine frühe Seide aus Antinoe, heute im Victoria Museum Ägyptischer Antiquitäten in Uppsala (Geijer, Uppsala 1964), Ausgrabungen damastartiger Seidenfragmente auf dem Berg Mug (Belenitzkij/Bentowitsch/Liwschitz, Moskau 1951-1953?), die Wiedergabe sogdischer Textilmotive auf Teppichen, z.B. auf dem berühmten Marby Teppich (Geijer, Washington 1963), und Gedanken zur Entwicklung der islamischen Kunst vom 9. bis zum 13. Jahrhundert (Rempel, Taschkent 1983).

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