Traditional Costumes and Textiles of Japan

Autor/en: Krishna Riboud
Verlag: A.E.D.T.A. (Association pour l’Etude et la Documentation des Textiles d’Asie)
Erschienen: Paris 2000
Ausgabe: Mappe in DIN-A3, VIII S, 19 Tafeln, 1000 Exemplare
Preis: 380.– FF
ISBN: 2-908864-11-8
Kommentar: Michael Buddeberg, Juni 2000

Besprechung:
Ein Nachruf: Krishna Riboud war in der Welt alter orientalischer Textilien eine der herausragenden Persönlichkeiten der vergangenen Jahrzehnte. Sie liebte Weichheit, Wärme und Pracht kostbarer Textilien, baute eine der weltweit bedeutendsten privaten Sammlungen auf und gründete mit der A.E.D.T.A. eine erstrangige, der textilen Forschung verpflichtete Institution. Textilien aus China, Japan und Südostasien, vor allem aber aus Indien, durchweg von hoher Qualität sind Gegenstand ihrer Sammlung. Die Publikationen der A.E.D.T.A. haben Maßstäbe gesetzt, die wissenschaftlichen Fachbeiträge wie etwa „Samit & Lampas“ ebenso, wie die wunderschönen Portfolio-Ausgaben. Krishna Riboud ist am 27. Juni 2000 im Alter von 72 Jahren gestorben. Band vier der Portfolio-Edition der A.E.D.T.A. ist kostbaren japanischen Textilien der Edo-Zeit (1603 – 1868) gewidmet. Auf 19 Tafeln im Folio-Format mit 33 Abbildungen werden in gewohnt perfekter Druck- und Farbqualität 22 beispielhafte Kostüme und Textilien aus Japan gezeigt, ein Querschnitt durch handwerkliche Perfektion und Design-Ästhetik, die in der ganzen Welt ihresgleichen suchen. Der hohe Anspruch an die technische Ausführung und die durch Schnitt, Muster und Farbgebung erreichte Aussage dieser Textilien zieht sich durch alle sozialen Schichten. So finden wir nicht nur prächtige Kosode (Kimonos), wie sie reiche Bürger und Adelige der Edo-Zeit trugen, Roben buddhistischer Mönche, Kostüme aus dem No-Theater, sondern auch Gewänder der Eingeborenen aus Okinawa oder der Ainu von Hokkaido, Kleider von Bauern und Fischern. Es ist ein Querschnitt durch die von der Insellage Japans geprägte Besonderheit, daß viele anderswo längst bekannte textile Techniken und Materialien Japan erst spät oder gar nicht erreichten. Relativ früh, im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechung schon, kam die Seide nach Japan, die damals im benachbarten China aber immerhin schon mindestens dreitausend Jahre in Gebrauch war. Die Baumwolle ließ sich nochmals siebenhundert Jahre Zeit und wir erfahren von der Legende, daß es ein im Sturm gestrandetes Schiff aus Indien war, das ungewollt den Baumwollsamen nach Japan brachte. Wolle schließlich war auch in der Edo-Zeit noch ein exotisches, kostbares und seltenes Material, da das Schaf in Japan unbekannt war. So wundert es nicht, daß auch so ungewöhnliche Dinge wie geöltes Papier, Gras, Stroh, Bananen- und Ulmenrinde-Fasern Verwendung fanden. Japanische Kostüme besitzen durchweg einen einfachen, großflächigen, Schnitt, und diese Flächen sind Einladung und Spielwiese für die künstlerische Gestaltung, für das typische japanische Design, das sich regelmäßig, ob abstrakt oder gegenständlich, über die ganze Fläche erstreckt, oft in spannungsreicher Asymmetrie. Es ist durch und durch japanisch und hat seine Wurzeln doch in fremden Kulturen, in Korea, in Südostasien und, meistens, in China. Alan Kennedy, einer der beiden Autoren der Textbeiträge (Eine kurze Geschichte luxuriöser Textilien und Kostüme in Japan) faßt dann auch den wesentlichen Aspekt japanischer Textilkultur, japanischer Kultur überhaupt, in drei Worten zusammen: Entlehnung, Vereinnahmung, Verwandlung. Jedermann kennt das aus dem Bereich der Technik, von Kameras, Autos oder Computern. Ausländische Produkte werden kopiert, studiert, beherrrscht, verbessert und am Ende dieser Entwicklung steht ein neues, unverfälscht japanisches Produkt, das das Vorbild deutlich in den Schatten stellt. So auch bei den Textilien. Technik, Material und Dekor haben stets Vorbilder in hochwertigen importierten Produkten, die aber rasch adaptiert, assimiliert und verfeinert werden. Diese Verfeinerung von Technik und Design, das Nebeneinander verschiedener Herstellungs- und Dekorverfahren, die Beherrschung und Unterordnung dieser Verfahren unter spezifisch japanisches Formempfinden, läßt einzigartige Meisterwerke textiler Kunst entstehen. Sie besitzen, eine Feststellung von Alan Kennedy, der man nur zustimmen kann, eine Frische und Vitalität, die sie für immer daran hindert, unmodern zu sein. Japanische Textilkunst ist immer aktuell und doch Produkt einer sehr konservativen, traditionellen Werten verbundenen Gesellschaft. Sorgfältige technische Analysen aller vorgestellten Stücke von Alexandra Lorquin, ein Beitrag von Sachiko Hosoda über die „mingei“, volkstümliche, indigo-gefärbte Baumwoll-Textilien und eine Bibliographie runden die Publikation zu einem wichtigen Referenzwerk japanischer Textilkunst. (mb)

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