Jewish Carpets – A History and Guide

Autor/en: Anton Felton
Verlag: Antique Collectors Club
Erschienen: Woodbridge Suffolk 1997
Seiten: 200
Ausgabe: Leinen mit Schutzumschlag
Preis: 32.– englische Pfund
Kommentar: Michael Buddeberg, Juli 1997

Besprechung:
Sogar der Autor stellt sich eingangs die kritische Frage, ob es sich hier wirklich um eine homogene Gruppe von Teppichen handelt oder ob der jüdische Teppich nicht vielmehr eine Art Entgleisung ist, etwa wie ein Peking-Teppich mit dem Schneewittchen-Motiv. Geknüpft nämlich wurden die 100 vorgestellten „jüdischen“ Teppiche im Iran (Kirman, Täbris, Keshan usw.), in Afghanistan, der Türkei, Ägypten, Griechenland, Bulgarien, in der Ukraine und, natürlich, in Israel. Es bedarf daher einer sehr großen Klammer um diese Teppiche zu einer Gruppe zusammenzufassen. Diese Klammer ist die Botschaft, die diese Teppiche mit überwiegend bildhaften Darstellungen vermitteln. Die Botschaften dieser Teppichbilder reichen von biblischer Zeit über den frühen Zionismus bis heute. Es sind Portraits von Moses oder des Propheten Eliah oder von historischen Persönlichkeiten (Lord Balfour, Weizmann), Szenen der jüdischen Geschichte, Gebäude, der Felsendom und immer wieder wichtige jüdische Symbole, die Menorah, der Stern Davids, die Gesetzestafeln, Löwe, Adler und Schlange oder auch nur Inschriften. Daß das Ergebnis dann tapitologisch ein rechtes Sammelsurium ergibt, liegt auf der Hand. Vom berühmten Berliner Synagogenteppich aus dem 14. Jhrdt. bis zur zionistischen Maschinenweberei des 20. Jhrdts. spannt sich der Bogen. Der Autor, begeisterter Sammler und intimer Kenner dieser Teppichgruppe gibt eine wirklich umfassende Einführung, die kein Thema offen und keine Frage unbeantwortet läßt. Der Gebrauch von Teppichen und Textilen im jüdischen Ritual wird ebenso dargestellt wie ihre Verwendung in Tempel, Tabernakel und Synagoge. Hochinteressant ist der zentrale Teil dieser Einführung, in der Felton, die uralte Geschichte des Webens und Knüpfens mit der Geschichte der Juden und des Judentums zusammenführt und eine beeindruckende Zahl an frühen und sehr frühen Zitaten aus dem jüdischen Schrifttum vorstellt, in denen von Teppichen die Rede ist. Doch zurück zu den 100 Teppichen: Eine echte Gruppe wirklich jüdischer Teppiche sind die im ersten Viertel dieses Jahrhunderts in den Schulen oder Werkstätten von Bezalel und Marbadiah in Jerusalem entstandenen Stücke. Diese Werkstätten gehen zurück auf eine Gründung von Boris Schatz und stehen stark unter dem Einfluß der „arts and crafts“-Bewegung von John Ruskin und William Morris. Sie sind seltene Beispiele einer eigenständigen textilen Kunst zwischen Jugendstil und Art Nouveau und haben zum Teil hohe ästhetische Qualität. Herausragend in dieser Gruppe die Nr. 25, ein 1920/21 in Marbadiah geknüpfter Teppich, „The Song of Songs“, der in Darstellung und Farbigkeit an frühe Arbeiten Kandinskys erinnert. Mit einem großen Rätsel schließlich, dem Teppich Nr.100, endet das Buch: Eine in Dekor und Farben typisch mamlukische Bordüre umrahmt ein Feld, das osmanische Einflüsse zeigt und Darstellungen jüdischer Symbole und das eine jüdische Inschrift enthält. Der Lösungsvorschlag von Felton, es könnte sich um das Produkt eines jüdischen Meisterwebers aus dem Ferrara des 16. Jahrhunderts handeln, ist eine mutige These, die eine interessante Diskussion eröffnen kann.

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