From the Land of the Thunder Dragon

Autor/en: Diana K. Myers, Susan S. Bean (Hrsg)
Verlag: Serindia Publications
Erschienen: London 1994
Seiten: 248
Ausgabe: Softbound mit Schutzumschlag
Preis: 22.– englische Pfund
Kommentar: Michael Buddeberg, September 1996

Besprechung:
Einem Zufall ist es zuzuschreiben, daß bhutanische Textilien vor anderthalb Jahrzehnten im Westen bekannt wurden. 1979 reisten Pilger aus Bhutan zu einem großen buddhistischen Gebetsfest nach Kathmandu. Der hohe Lama wurde krank und das Fest immer wieder, zuletzt zwei Monate verschoben. Um den langen Aufenthalt zu finanzieren verkauften die Pilger einige ihrer Kleidungsstücke. Seither ist Kathmandu Handelsplatz für die faszinierenden Textilien aus Bhutan. Im folgenden Jahrzehnt entstanden einige private und Museumssammlungen in Japan, Europa und den USA, vor allem im Peabody Essex Museum in Salem/Massachusetts/USA. Diese Sammlung, ergänzt um Stücke aus Privatbesitz und sowie aus den Kleiderkammern der königlichen Familie in Bhutan sind Grundlage der 1994/95 in USA gezeigten Ausstellung und des Kataloges. Dieses wunderschöne Buch ist – abgesehen von zwei in Asien in der 80er Jahren erschienenen Veröffentlichungen – die erste wissenschaftliche Aufbereitung dieses textilen Themas, ein Standardwerk über eine eigenständige und noch heute lebendige Textilkunst im Himalaya. Die Bedeutung dieser traditionellen Textilien im Leben Bhutans mag mit dem Hinweis veranschaulicht werden, daß mit königlichem Dekret 1989 angeordnet wurde, daß alle Bhutaner in der Öffentlichkeit die Nationaltracht zu tragen haben, Männer den Go, eine mantelartige Robe und Frauen die Kira, ein Wickelkleid, ähnlich dem indischen Sari. Neben diesen und anderen Kleidungsstücken spielen Textilien im Leben Bhutans eine dominierende Rolle. Sie sind Ausdruck der sozialen Stellung, Gegenstand von Steuerzahlungen, Staatsgeschenk – so gelangten einige wenige Textilien schon frühzeitig in europäische Museen – , sie dienen der Aufbewahrung von Nahrung, dem Schutz der Ladung auf Transporten, sind Ausstattung von buddhistischen Klöstern und Tempeln, dienen dem rituellen Gebrauch, sind Handelsobjekt und schließlich Lebensgrundlage vieler Familien. Textilien in Bhutan sind Kapital, Konsumartikel, Zahlungsmittel und Ausdruck religiöser Verehrung – sie sind das bedeutendste Kulturerbe dieses kleinen Königreichs im östlichen Himalaya. Bhutanesische Textiiien sind einzigartig in ihrer handwerklichen Ausführung und Technik -hervorzuheben sind die beim Weben auf naturweißen oder gestreiften Grund mit ergänzenden Schüssen eingearbeiteten Streumuster – und von hohem ästhetischen Anspruch. In bhutanischen Textilien finden Einflüsse aus Tibet, der Mongolei, aus Indien und aus Südostasien zu einer gänzlich eigenständigen, faszinierenden Textilkunst. Das schöne Buch beschreibt und zeigt im Detail nicht nur die Textilien – antike, alte und neue -, die handwerkliche Technik, die Farben und das Handwerkszeug, sondern gewährt tiefe Einblicke in das Leben in Bhutan, von historischer Zeit bis zum heutigen Tage. Die Kompetenz der Autoren, die Fülle an Material und die Qualität von Text, Illustration und Gestaltung sind beispielhaft und der Erwerb dieses Buches für den Liebhaber schöner Textilien dringend zu empfehlen.

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