The Tarim Basin Carpet – A Tradition in Transition

Autor/en: Helena Obendieck
Verlag: China Heritage Arts Foundation
Erschienen: Hong Kong 1987
Seiten: 122
Ausgabe: broschiert
Preis: US-$ 55.–
Kommentar: Michael Buddeberg, April 1998

Besprechung:
Es gibt zahlreiche Hinweise, daß im Tarim-Becken, in den Oasenstädten Ost-Turkestans, in Khotan vor allem, schon sehr früh technisch und ästhetisch hochrangige Knüpferzeugnisse hergestellt wurden, daß in dieser Region möglicherweise sogar der Ursprung dieser Handwerkskunst zu finden ist. Aurel Stein hat dort Anfang des 20. Jahrhunderts 2000 Jahre alte Teppichfragmente aus der Zeit der Han-Dynastie ausgegraben. Chinesische Archäologen machten weitere bedeutende Funde und 1984 wurde ein kompletter kleiner Sattelteppich entdeckt, der bereits kurz nach der Zeitwende entstanden ist – heute im Museum in Urumqi – und 1989 ein fast vollständig erhaltener Teppich mit Löwenmotiv, ebenfalls aus dieser sehr frühen Zeit. Diese Funde sind – neben dem „Pazyryk“ – die zweitältesten Knüpfteppiche, die man bis heute kennt und sie sind zweifellos spektakuläre Sensationen zur Frühgeschichte des Teppichknüpfens, die indessen von der westlichen Teppich-Wissenschaft eher peripher zur Kenntnis genommen wurden. Ost-Turkestan liegt nun mal jenseits der traditionellen Teppichregionen und entsprechend dürftig ist auch die Literatur zu diesem Thema. Standardwerk ist noch immer das Buch von Hans Bidder „Teppiche aus Ost-Turkestan“, 1964 nach Bidders Tod von seiner Frau herausgegeben. Hans Bidder, deutscher Diplomat in China, verwertete Reiseberichte und chinesische Quellen und präsentierte vor allem eine erstaunliche Fülle von altem und antikem Anschauungsmaterial. Der „Bidder“ ist bis heute unübertroffen, jedoch resultieren seine Informationen nicht auf authentischer Feldforschung. Angus Forsyth, Präsident der CHAF (China Heritage Arts Foundation) hat das Fehlen verläßlicher historischer Informationen erkannt und 1994 – sozusagen in letzter Minute – ein Feldforschungsprojekt initiiert. Helena Obendieck, eine Deutsche mit den notwendigen Sprachkenntnissen der Region hat, nach vorbereitenden Studien in Hong Kong und Peking, 1994 im Auftrage der CHAF zwei Monate die Oasenstädte Ost-Turkestans, heute in der westlichsten Provinz Chinas, in Xiniang belegen, bereist und in 38 Interviews wertvolle Informationen über dort noch vorhandene Traditionen gesammelt. Sie hat vorwiegend alte, dabei auch einige über 100-jährige Knüpfer, Färber und Händler über ihr Wissen und ihre Erinnerungen befragt. The Tarim Basin Carpet ist die Dokumentation dieser Feldarbeit, eine Dokumentation des noch vorhandenen lokalen Wissens über die traditionellen Fertigkeiten des Knüpfens und Färbens. Der Schwerpunkt der Untersuchung liegt in der traditionellen Pflanzenfärbung und es finden sich genaue Hinweise über Färbemethoden, Färbedrogen bis hin zu detaillierten Rezepten. Die Organisation des Handwerks, Knüpftechniken, Gewinnung und Behandlung der Wolle und die Muster ostturkestanischer Teppiche aus alter Zeit bis heute finden ebenso Erwähnung wie Geographie und Geschichte des Tarim-Beckens. Natürlich reichen die Erinnerungen der Befragten nicht annähernd so weit zurück wie die eingangs erwähnten Funde. Dennoch erschließt die Arbeit in Verbindung mit vorhandenem Wissen und Bildmaterial über antike Teppiche der Region, etwa aus dem „Bidder“, ergänzt durch Abbildung und Beschreibung von 12 antiken Teppichen der Peony Collection, Hong Kong, ein breites Bild der traditionellen Teppich-Produktion im Tarim-Becken. Das Buch ist damit eine wertvolle Ergänzung der spärlichen Literatur über die Teppiche Ost-Turkestans. Die Bedeutung des Teppichknüpfens in dieser Region wird unterstrichen durch zahllose Legenden über die Göttin oder Schutzheilige der Knüpfkunst „Nahxiwan“. Diese mythische Durchdringung dieser Handwerkskunst ist ein deutlicher Beleg für die eingangs vermutete uralte Tradition des Teppichknüpfens in Ost-Turkestan. Die kleine Auflage dieses Feldforschungsberichtes (500 Exemplare) wird rasch vergriffen sein.

Print Friendly, PDF & Email