The Tribal Eye – Antique Kilims of Anatolia

Autor/en: Peter Davies
Verlag: Rizzoli International Publications
Erschienen: New York
Ausgabe: Softbound
Preis: 29.95 US-Dollar
Kommentar: Michael Buddeberg, Oktober 1996

Besprechung:

An Büchern über anatolische Kelims herrscht kein Mangel. Daß dennoch ein schon 1993 in den USA erschienenes und hier wenig bekanntes Kliimbuch vorgestellt und empfohlen wird hat seinen Grund weniger in den 50 in guter Druckqualität auf schwarzem Grund abgebildeten, bisher unveröffentlichten Kelims aus verschiedenen amerikanischen Sammlungen sondern in dem ausgezeichneten Text, der, bei aller Knappheit, zum Besten gehört, was über Kelims geschrieben worden ist. Peter Davies gehört zu den „Entdeckern“ des Kelims und hat vor über 30 Jahren seine ersten Stücke in Anatolien erworben. Er ist ein wahrer Kenner nicht nur der Muster, der Techniken und der Farben sondern vor allem ein Kenner Anatoliens, seiner Landschaften, seiner Hirten, seiner Nomaden und der Frauen, die Kelims webten und weben. Die Liebe zu diesem Land und das tiefe Verständnis seiner Menschen und ihrer außergewöhnlichen textilen Erzeugnisses prägen dieses Buch. The „tribal eye“, das ist für Davies „a destinctive sense of color, geometric forms, and symmetrical designs that would make Anatolian weavings unlike any others“. Dieser Einzigartigkeit der anatolischen Kelims spürt Davies nach: Wolle, Farben, Webtechniken, das alles läßt sich erklären – und es wird von Davies auch minutiös erklärt – und immer bleiben dann die Fragen nach dem Woher und dem Warum, nach den Wurzeln und dem Alter dieser einzigartigen Webtechnik und der ebenso einzigartigen Muster der anatolischen Kelims. Bei dem Versuch einer Antwort verliert Davies niemals den Menschen aus dem Auge, die Weberinnen vor allem, die für ihn der Schlüssel zur Beantwortung aller Fragen sind, ein Schlüssel freilich, dessen Schloß nicht mehr vorhanden ist – zu viel ist verloren, vergessen, von der neuen Zeit verdrängt. So bleibt auch Davies‘ Auseinandersetzung mit den Theorien über den Ursprung des Kelims, insbesondere mit der „Mother Goddess“-Theorie von Mellaart, die einen neolithischen Ursprung der Kelim-Kunst nachzuweisen sucht, von begründeten Zweifeln und von unbeantworteten Fragen beherrscht. Ein ungemein engagiertes und lesenswertes Buch über anatolische Kelims.

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