Painted Buddhas of Xinjiang – Die deutsche Ausgabe hat den Titel „Der verborgene Buddha

Autor/en: Fotos von Reza, Essays von Jacquès Gies, Laure Feugère, André Coutin
Verlag: British Museum Press, Knesebeck Verlag
Erschienen: London 2002, München 2002
Seiten: 168
Ausgabe: Leinen mit Schutzumschlag
Preis: 29,99 engl. Pfund, EURO 24,90
ISBN: 0-7141-2410-9, 3-89660-147-4 Deuschland
Kommentar: Michael Buddeberg

Besprechung:

Beharrlichkeit führt zum Ziel. Dreißig Jahre lang verhandelte der bekannte Fotograf Reza mit den chinesischen Behörden bis er als bisher erster und einziger die Erlaubnis erhielt, buddhistische Wandmalereien in den Grotten und Höhlen von Xinjiang zu fotografieren, sieht man von den wohl dokumentierten Fresken aus Dunhuang einmal ab. Zuletzt am Anfang des 20. Jahrhunderts waren diese versteckt in den nördlichen Randgebirgen der Taklamakan Wüste gelegenen Stätten das Ziel westlicher Archäologen, bis dann die Stürme der beiden Weltkriege, die Weltwirtschaftskrise und schließlich die totale Abschottung des kommunistischen China die Region vollkommen unzugänglich machten. Wie schon neunhundert Jahre zuvor, als der Buddhismus in Zentralasien dem sich gewaltsam ausbreitenden Islam Platz machte, versanken die buddhistischen Heiligtümer erneut in ihren geheimnisvollen Schlaf. Die nun vorliegende Dokumentation ist ein Buch zauberhafter, farbfrischer und lebendiger Wandmalerei, die vom Leben Buddhas erzählt und von seinen früheren Existenzen, die erzählt von der buddhistischen Welt des dritten bis sechsten Jahrhunderts als diese Religion durch reisende Mönche und Heilige den zentralasiatischen Raum eroberte. Wir sehen und bewundern apsaras, die schwerelos fliegenden Engel des Buddhismus, Bodhisattvas und Dämonen, aber auch weltliche Herrscher, Prinzen, Jäger, Händler und ganz normale Menschen bei ihren täglichen Verrichtungen in dem längst untergegangenen Königreich Kucha an der nördlichen Seidenstraße. Am bezauberndsten sind vielleicht die vielen Tiere, die anonyme Künstler, buddhistische Mönche, mit leichter Hand und expressionistischer Kraft auf die Höhlenwände bannten. Spielende Vögel, ein Reigen von Hunden und Füchsen, blaue Elefanten und gutmütige Löwen, Esel, Steinböcke und Bären, fliegende Gänse, Tauben und Sittiche symbolisieren buddhistische Mythen und malen ein Bild der lebendigen Fauna in den blühenden Oasen jener Zeit. Das Buch ist aber – wohl ungewollt – ein Dokument auch vom Verfall und der Zerstörung dieses einzigartigen Erbes aus längst vergangener Zeit. Nur am Rande klingt an, daß, mit der Ausnahme einiger weniger erst jüngst entdeckter Höhlen, heute nur noch Reste der einstigen Pracht vorhanden sind. Es ist ein Puzzle mit vielen fehlenden Teilen, schreibt einer der Autoren und spricht von der Zerstörung durch die Natur aber auch durch Menschen, durch Bilderstürmer, Diebe und Archäologen. Über den Umfang der Zerstörung durch Erdbeben, vor allem aber durch die großflächige Ablösung der Fresken durch westliche Forscher, steht nichts geschrieben, wir sehen es nur mittelbar durch die fotografische Dokumentation der fragmentarischen Reste. Ein Vergleich mit den Beständen im Museum für indische Kunst in Berlin („Magische Götterwelten“, Berlin 2000) macht es aber deutlich: Was vor allem Albert von Le Coq aus den Höhlen von Kizil und Kumtura, von denen das Buch berichtet, mehr oder weniger sorgfältig abgelöst und nach Europa gebracht hat, ist, vor allem was die Bedeutung der Bildinhalte anlangt, weit mehr als das, was heute an Ort und Stelle noch bewundert werden kann. Die brisanten Fragen, ob westliche Archäologen damals legal gehandelt haben und was heute von diesen Kunstwerken noch vorhanden wäre, hätte man sie damals nicht entfernt, sollen und können hier nicht beantwortet werden. Unabhängig von diesem nachdenklich stimmenden Aspekt ist das Buch durch die schönen Fotos – aufgenommen mit Tageslicht, das durch ein System von Spiegeln zu den Fresken gebracht wurde – vor allem aber durch die begleitenden Essays ein lesenswerter Beitrag zum Aufstieg und Untergang des Königreichs Kucha, zur Geschichte der Nördlichen Seidenstraße, den Weg des Buddhismus und zum Stand von Wissenschaft und Erforschung früher buddhistischer Wandmalerei in Xinjiang. Technik, Datierung und stilistische Entwicklung finden ebenso Erwähnung wie die Entdeckungsgeschichte und die Sorgen vor weiterem Verfall durch Tourismus und klimatische Veränderungen. Schließlich und letztlich beeindrucken die Aufnahmen der grandiosen, urweltlichen Wüsten- und Berglandschaften, die diese Kleinodien der Weltkunst bergen.

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