The Dancing Demons of Mongolia

Autor/en: Jan Fontein
Verlag: Lund Humphries Publishers
Erschienen: London 1999
Seiten: 120
Ausgabe: Leinen mit Schutzumschlag
Preis: ca. 35.– engl.Pfund
ISBN: 0-85331-798-4
Kommentar: Michael Buddeberg

Besprechung:
Das größte Imperium der Menschheitsgeschichte hat so gut wie keine Spuren hinterlassen, sieht man von den Mythen und Erinnerungen ab, die sich mit Dschingis Khan verbinden. Die materielle Kultur der nomadischen Hirten- und Reitervölker Zentralasiens war geprägt durch ihre Mobilität und daher sehr vergänglich. Felszeichnungen und Piktogramme, ein paar Grabfunde, allen voran aus der berühmten Nekropole von Noin Uula, kleine Bronzen im Tierstil und geheimnisvolle Stelen im weiten Grasland sind seltene Zeugen dieser Steppenkultur. Schriftliche chinesische Quellen sind schon etwas ergiebiger, denn die berittenen kriegerischen Horden bildeten schon immer eine Gefahr für das Reich der Mitte. Die Länder der Barbaren, die Reiche der Hunnen, Xiongnu, Tuoba und schließlich der Uighuren, sind gut dokumentiert. Die Furcht vor diesen Barbaren war berechtigt. Unter dem legendären Dschingis Khan (ca. 1160 – 1227) erlangte das Weltreich der Mongolen eine Ausdehnung von Korea bis nach Ungarn und Furcht und Schrecken erfaßten auch Europa. Doch der Kelch ging vorüber. Unbesiegt kehrten die Reiter in ihre Heimat zurück und machten sich daran, China zu erobern. Es gelang. Zeugnisse aus dieser ruhmreichen Vergangenheit sind in der Mongolei selten und so fragmentarisch wie die steinerne Schildkröte, einst Träger einer längst verschollenen Stele, die den Platz von Karakorum, der zerstörten ersten großen Hauptstadt der Mongolei, markiert. An der Stelle von Karakorum steht heute das buddhistische Kloster Erdeni-tsu, gewissermaßen als ein Symbol für die große Zäsur in der Geschichte und Kultur der Mongolei. Die Mongolenherrscher hatte längst ihre Macht verloren und China war wieder in den Händen der Han-Chinesen, als im 16. Jahrhundert Altan Khan (1507 – 1582) vorwiegend aus politischen Gründen die tibetische Form des Buddhismus in die Mongolei brachte. Diese sogenannte „zweite buddhistische Bekehrung“ – schon unter Khubilai Khan war der Buddhismus ein erstes Mal in die Mongolei gelangt – hatte weitreichende Konsequenzen für das Land, hatte vor allem eine lange Periode kultureller Blüte zur Folge. Klöster wurden erbaut, Reichtümer angehäuft, das Handwerk blühte, Malerei und Skulptur gewannen herausragende Bedeutung. Das Katalogbuch einer Ausstellung in der Nieuwe Kerk in Amsterdam ist überwiegend dieser buddhistischen Kultur der Mongolei gewidmet. Trotz des engen Zusammenhangs mit den tibetischen Ursprüngen, ist die Kunst der Mongolei eigenständig, in ihren Besonderheiten unübertroffen und von hoher Qualität und Lebendigkeit. Wohl noch stärker und deutlicher als in Tibet wurde die alte Volksreligion der Mongolen, das Schamanentum, integriert und zum Bestandteil buddhistischer Riten und Gebräuche gemacht. Der Tsam-Tanz und seine Utensilien sind hierfür wichtigstes Beispiel und im Buch glänzend dokumentiert. Nirgendwo sind die phantasievollen Masken, die prächtigen Gewänder, die Kopfbedekungen, Knochenschürzen und Ritualgegenstände kunstvoller und phantasievoller als in der Mongolei. Die zornigen und grimmigen Gottheiten, bekehrte Dämonen und Wächter des neuen Glaubens, sind stets eine Spur grimmiger und noch zornvoller als ihre tibetischen Brüder. Vollendete Meisterschaft schließlich zeigen die mongolischen Handwerker in der Metallbearbeitung. Gefäße und Musikinstrumente, rituelle Dolche und Äxte, Feuerzeug und Börse, allen voran aber die Skulpturen sind einzigartig in der gesamten buddhistischen Welt. Und der große Zanabazar (1635 – 1723), direkter Nachkomme Dschingis Khans, anerkannte Wiedergeburt eines tibetischen Patriarchen und als Bogdo-Gegen gewählter religiöser und politischer Führer seiner Volkes, war der beste von allen, ein genialer Skulpteur, größter Meister des Bronzegusses. Seine Figuren, die des Buddha Amithaba etwa, sind exemplarische Beispiele eleganter, harmonischer und friedvoller buddhistischer Plastik, sind Höhepunkte mongolischer Kunst. Die Auswahl der 80 vorgestellten und sorgfältig beschriebenen Gegenstände aus mongolischen und russischen Museen, ebenso wie die einführenden Texte und bisher unveröffentliche, frühe Fotografien gewähren einen hervorragenden Überblick über eine wenig beachtete Kultur. (- mb -)

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