Schwartz Porcelain – Die Leidenschaft für Lack und ihre Wirkung auf das europäische Porzellan

Autor/en: Monika Kopplin
Verlag: Hirmer
Erschienen: München 2003
Seiten: 256
Ausgabe: fester illustrierter Einband
Preis: € 42.–
ISBN: 3-7774-9880-7
Kommentar: Michael Buddeberg, Januar 2005

Besprechung:
Erst als portugiesische Seefahrer auf ihren Handels- und Entdeckungsfahrten 1513 China und wenige Jahre später auch Japan erreicht hatten, gelangten chinesisches Porzellan und asiatische Lackarbeiten in nennenswerten Mengen nach Europa. Davor hatten nur wenige solcher kostbaren Gegenstände über die lange und beschwerliche Reise auf der Seidenstraße ihren Weg in fürstliche Schatzhäuser und Kunstkammern gefunden. Doch trotz des leichteren Seeweges blieben Lack und Porzellan seltene, wertvolle und exotische Objekte, die weniger dem tatsächlichen Gebrauch als vielmehr dem Prestige ihrer Besitzer dienten, deren Reichtum und Weltläufigkeit sie spiegelten. Das änderte sich erst im 17. Jahrhundert. Die holländische „Vereenigde Oostindische Compagnie“ hatte ein Handelsmonopol mit Japan erreicht, mit dessen Durchführung Porzellan und Lack zu Standard-Exportgütern avancierten, die eigens für den europäischen Markt hergestellt wurden. Porzellan und Lack wurden zunächst in Holland, dann aber in ganz Europa integraler Bestandteil der gehobenen Raumausstattung. Kabinettschränke mit feinem Lackdekor, so genannte „Comptoirs“, dekoriert mit weiß-blauen Vasen, Schalen und Tellern genossen höchste Wertschätzung. Die Mächtigen der Kirche und des Adels aber begnügten sich nicht mit einzelnen Einrichtungsgegenständen, sondern statteten in ihren Residenzen ganze Räume damit aus. Diese Lack- und Porzellankabinette blieben bis ins 18. Jahrhundert hochaktuell und erlebten ihre höchste Blüte unter August dem Starken (1670-1733), der als sächsischer Kurfürst in Dresden ein ganzes Schloss. Das Japanische Palais, für seine Lack- und Porzellansammlung errichtete. So war es auch kein Zufall, sondern das Ergebnis jahrelanger, ehrgeiziger Bemühungen, dass am Hofe August des Starken Johann Friedrich Böttger die Herstellung von Porzellan entdeckte. Nahe liegend war auch, dass das zunächst rote, später blütenweiße Porzellan mit ostasiatischen Dekoren versehen wurde. Dabei genossen die dem Lack nachempfundenen schwarzen Glasuren mit zarter Goldmalerei aufgrund ihrer aufwendigen Produktion stets eine Sonderstellung. Diesem „Schwartz Porcelain“ ist ein schöner und reich illustrierter Band mit 13 Essays gewidmet, der die Verwandtschaft und gegenseitige Beeinflussung von Lack und Porzellan zum Thema hat. Ihre gemeinsame Herkunft aus dem ostasiatischen Kulturraum, die Übereinstimmungen in Formgebung und Dekor der Objekte, vor allem aber der ähnliche, einzigartig schimmernde Oberflächencharakter ließen sie in den Augen des Westens als ein geschwisterliches Paar erscheinen. Die einzelnen Beiträge befassen sich zunächst mit Lackdekoren auf chinesischem und japanischem Porzellan, mit dem Einfluss Europas auf Japanische Lackarbeiten, insbesondere auf Lackmöbel und mit dem wachsenden europäischen Interesse an schwarzgrundiger chinesischer Keramik. Ein zweiter Teil widmet sich der zunehmenden Asienbegeisterung Europas und deren Einfluss auf die Raumausstattung. Schließlich werden an den Beispielen der Manufakturen von Meißen, Delft, Sévres und Wien der Einfluss dieser Lackdekore auf schwarz glasierte europäische Porzellane aufgezeigt. Dem berühmten Teeservice des Augsburger Goldschmieds Elias Adam im Schloss Rosenberg und den Arbeiten des Lackmalers Martin Schnell in Dresden gelten eigene Beiträge. Trotz der Fokussierung auf schwarzgrundige, dem Lack nachempfundene Arbeiten und Dekore, vermittelt das Buch in hervorragender Art und Weise die Entstehung und Entwicklung der europäischen Asienmode, die im Spätbarock und im Rokoko ihren Höhepunkt hatte. Die Begeisterung für Lack und ihre enge Verbindung zur Gestaltung des Porzellans erweist sich somit als ein zentrales Phänomen der Chinoiserie. Der letzte Beitrag befasst sich schließlich mit einem bis heute nicht gelüftetem Geheimnis: Unter anderem im Berliner Schloss fanden sich Fayencevasen, dekoriert mit Lackmalerei und Chinoiserien. Zeit und Ort der Entstehung sind bis heute nicht geklärt. Der Autor hält sie für Zeugnisse einer kulturhistorisch spannenden Phase des Kunsthandels in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als die Begriffe „echt“, „unecht“ und „historisch“ neu bewertet wurden und umschreibt damit vornehm, dass es sich wohl schlicht um „Fälschungen“ handelt.

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