Japanische Lacke – Die Sammlung der Königin Marie-Antoinette

Autor/en: Monika Kopplin
Verlag: Hirmer Verlag
Erschienen: München 2002
Seiten: 238
Ausgabe: broschiert
Preis: EUR 39,90
ISBN: 3-7774-9520-7
Kommentar: Michael Buddeberg

Besprechung:
Schon im 13. Jahrhundert berichtete Marco Polo in seinem berühmten Reisebericht von der fernen Insel Zipangu und ihrem sagenhaften Goldreichtum. Die Rede war von Japan – das Marco Polo nie erreicht hat – und mit dem Gold hat er wahrscheinlich die japanischen Goldlacke gemeint, die sich schon am Hofe des Kublai Khan höchster Wertschätzung erfreuten. Erst 250 Jahre später brachten portugiesische Seefahrer, die als erste Europäer die japanischen Inseln erreichten, die erstaunlichen Preziosen fernöstlicher Kunstfertigkeit nach dem Westen. Es blieben aber zunächst Einzelstücke, die als bewunderte Kostbarkeiten ihren Weg in fürstliche Kunstkammern fanden. Das änderte sich als Mitte des 17. Jahrhunderts holländische Kaufleute das Monopol im Japanhandel übernahmen, das sie bis zum 19. Jahrhundert inne haben sollten. Fernöstlicher Luxus wurde Mode und japanische Lackarbeiten entwickelten sich von seltenen Kuriositäten zu begehrten Sammelobjekten. Wieder waren es die japanischen Goldlacke, die höchste und uneingeschränkte Bewunderung hervorriefen und das auf überfeinerten Luxus eingestellte, ästhetische Empfinden jener Zeit besonders ansprachen. Zwar hat, wie so vieles in Japan, auch die Lackkunst ihre entscheidenden Impulse aus dem alten China bekommen, doch schon in der Nara-Zeit begann die Entwicklung einer eigenen Lacktechnik, die ein ureigener japanischer und ganz besonderer Beitrag zu dieser Kunst werden sollte. Goldpulver unterschiedlicher Konsistenz und Tönung wird in den noch feuchten Lack gestreut. Legierung und Korngröße, aber auch die unterschiedliche Dichte der Streuung prägen den Charakter des Bildes. Variationsreichtum und Pracht der so entstehenden Golddekore kennt kaum Grenzen. Die französische Schickeria des 18. Jahrhunderts, reiche Kaufleute, der Adel, die Kardinäle Mazarin und Richelieu etwa, liebten und sammelten diese Objekte aus Goldstreulack und schließlich auch die kunstsinnige Königin Marie-Antoinette. Ein Wunder ist es, dass diese königliche Sammlung die Wirren der französischen Revolution nahezu komplett überstanden hat und ein Glücksfall, dass sie mit dem vorliegenden Katalog (einer Ausstellung in Versailles und im Museum für Lackkunst in Münster) erstmals präsentiert wird. Die 71 in großem Format vorzüglich abgebildeten Lackobjekte, zum Teil ganze Ensembles, sind ein Zeugnis für den stilbildenden Geschmack der Königin, für ihre verschwenderische Liebe zur Kunst und für den Hang zur Chinoiserie und Exotik im Frankreich des 18. Jahrhunderts. Kästchen und Dosen in vielerlei Form und Gestalt, Räuchergefäße und Miniaturregale, überreich mit Motiven aus Japans Flora und Fauna, mit feinen Landschaften oder Genreszenen in feinsten Abstufungen von Schwarz und Gold dekoriert, ist diese Sammlung japanischer Lacke des 17. und 18. Jahrhunderts einzigartig in Umfang und Qualität. Eine besonders kostbare und typisch französische Spielart sind die montierten Lacke, kostbare Lackgefäße, die von Pariser Juwelieren phantasievoll in Gold, Silber oder Bronze gefasst wurden. Die einführenden Essays stellen die französische Leidenschaft für den Japanlack in den kunstgeschichtlichen Zusammenhang, zeigen den Einfluss japanischer Lacke auf die Möbel- und Porzellankunst jener Zeit und lassen schließlich das verschwenderische ausgestattete Goldene Kabinett von Marie Antoinette im Schloss von Versailles vor unseren Augen entstehen.

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