Arms and Armour at the Jaipur Court – The Royal Collection

Autor/en: Robert Elgood
Verlag: Niyogi Books
Erschienen: New Delhi 2015
Seiten: 296
Ausgabe: Leinen mit Schutzumschlag
Preis: GBP 80,00
ISBN: 978-93-83098-77-4
Kommentar: Michael Buddeberg, Dezember 2015

Besprechung:
Mit der Erfindung des Faustkeils vor etwa 2,5 Millionen Jahren wurde der Mensch zum Homo und mit diesem Werkzeug hatte er sich auch seine erste Waffe geschaffen. Archäologen und Paläontologen werden diese pauschale Aussage zu spezifizieren wissen, doch gewiss ist die Geschichte der Waffe so alt wie die Geschichte der Menschheit selbst. Die Sicherung der individuellen Existenz durch Nahrungsbeschaffung, durch Verteidigung oder auch durch Angriff bedurfte des Werkzeugs als Waffe, und das die Menschheit durch den Lauf der Zeit – bis heute muss man leider feststellen – begleitet hat. Auch das Bestreben des Menschen, nicht nur sich selbst, sondern auch den für ihn lebensnotwendigen Besitz, Kleidung, Werkzeug, Waffen, durch Farbe und Dekor zu individualisieren und zu verschönern, begann irgendwann im Dunkel der Frühgeschichte. Archäologisch und historisch belegt ist jedenfalls, dass Waffen jenseits ihres Gebrauchszwecks schon immer zu den bevorzugten Objekten dieser Dekorationslust gehört haben. Mit der Nutzbarmachung von Metall nahm nicht nur die Technologie der Waffe eine neue Dimension an sondern auch die Kunst der Dekoration dieses Materials erreichte immer neue Höhen. Das Beste dieser Kunst, Metall dekorativ zu verschönern, wurde schon immer für Ornamente auf Waffen und Rüstungen verwendet. Indien zur Zeit der Mogulkaiser und der Königshöfe der Rajputen, eine Zeit von Reichtum und Luxus, geprägt von legendärem Überfluss an Gold, Silber und edlen Steinen und einem Höhepunkt der Handwerkskunst, bietet hierfür treffliche Beispiele. Das Buch über die Waffen und Rüstungen der Maharajas von Jaipur ist daher ein Fest nicht nur für den Liebhaber von Waffen, sondern für jeden Bewunderer dekorativer Metallkunst. Gezeigt und sorgfältig beschrieben werden aus einem weit größeren Bestand knapp 200 aufwändigst verzierte Schwerter, Dolche, Lanzen, Speere und Schilde, Helme und Rüstungsteile, Pfeil und Bogen sowie Äxte, Streitkolben und andere Hiebwaffen, eine kleine Anzahl früher Gewehre und Pistolen und allerlei Zubehör historischer Kampf- und Kriegstechnik wie Bogenringe, Pulverbehälter und Ankus genannte Gerätschaften für die Lenkung der Kriegselefanten. Die Kombination von optimalem Nutzen durch Form und Qualität der stählernen Waffen mit der aufwändigen Gestaltung der Hefte, Handhaben und Behältnisse mittels ziselieren, damaszieren und inkrustieren unter Verwendung von Elfenbein und Jade, Diamanten, Rubinen und allem, was sonst noch edel, kostbar und selten ist – das ist angewandte Kunst von ihrer besten Seite und auf dem höchsten Niveau ihrer Zeit. Diese reicht vom 17. bis zum frühen 20. Jahrhundert, also von der Blüte des Mogulreiches über dessen Niedergang und die parallele Renaissance der Rajputenstaaten bis in die Zeit als sich die Maharajas mit den britischen Kolonialherren zu arrangieren hatten. Hier ist die äußerst lesenswerte Einführung von Robert Elgood zu erwähnen, die am Beispiel der Fürsten vom Amber aus der Dynastie der Kachhwahas auch eine Geschichte von Rajasthan ist und schließlich auch die Geschichte des Maharaja Sawai Man Singh II Museums in Jaipur, das die Waffensammlung heute beherbergt. Die Kachhwahas waren seit Akbar durch geschickte Heiratspolitik eine enge und unter Schah Jahan und Jahangier fortbestehende Allianz mit dem Mogulreich eingegangen und konnten so an seinem Reichtum, seiner Militärtechnik und dem blühenden Kunsthandwerk teilhaben. Als unter Aurangzeb der Zerfall des Mogulreiches begann hatte Maharaja Sawai Jai Singh II seine Residenz längst vom Amber in das 1827 gegründete Jaipur verlegt, das sich mit den vom Mogulhof abgewanderten Künstlern und Kunsthandwerkern zu einer neuen Metropole entwickelte. Diese Entwicklung wurde unter der britischen Herrschaft durch progressive und kluge Maharajas und fähige britische Ratgeber weiter begünstigt und in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde Jaipur nicht nur die fortschrittlichste Stadt Indiens, sondern auch ein blühendes Staatswesen, in dem Gesundheit, Erziehung, Handel, Landwirtschaft und Handwerk einen hohen Standard inne hatten. Die einem Colonel Thoma Holbein Hendley vom British Medical Service zu verdankende Gründung eines Museums nach dem Vorbild des Londoner Victoria & Albert im Jahre 1881 passte gut in dieses Bild. Das Museum hatte die Aufgabe, Kunsthandwerk als Vorbild und Anregung für aktuelle Produktionen zu sammeln, zu bewahren und zu zeigen; Alter und Herkunft der Objekte spielten dabei keine Rolle. Dieses Problem ist das zentrale und hoch interessante Thema in Elgoods Einführung. Jaipur hatte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert eine blühende Waffenproduktion. Man trug noch Waffen, die moderne Stadt war ein Magnet für Touristen und es gab zusätzlich eine große Nachfrage aus Europa. Fähige Handwerker fertigten perfekte Kopien von historischen Waffen oder ältere, schlichte Waffen wurden aufwändig dekoriert. Auch die in dem Buch vorgestellte, königliche Sammlung, die Maharaja Sawai Man Singh II dem Museum, das seinen Namen trägt, im Jahre 1959 zum Geschenk machte, spiegelt diese Situation und die Schwierigkeit Alter und Herkunft mancher der Waffen exakt zu bestimmen. Ein Bonmot zum Abschluss: Noch heute werden in Jaipur Waffen gefertigt, vorwiegend für den reichen arabischen Markt. Diese neuen Arbeiten lassen diejenigen des späten 19. Jahrhunderts plötzlich sehr authentisch aussehen und belegen die hohe Qualität einer heute nicht mehr reproduzierbaren Handwerkskunst.

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