By the Pen and What They Write – Writing in Islamic Art and Culture

By the Pen and What They Write – Writing in Islamic Art and Culture

Autor/en:        Sheila Blair, Jonathan Bloom (Hrsg)

Verlag:           Yale University Press

Erschienen:    New Haven und London, 2017

Seiten:            XIV/306

Buchart:         Leinen mit Schutzumschlag

Preis:              GBP 60,00

ISBN:            978-0300-22824-3

Kommentar:  Michael Buddeberg

 

Besprechung:

Der geneigte Leser möge es dem Rezensenten nachsehen, wenn er die Besprechung des Symposiumsbandes über die Schrift in der islamischen Kunst und Kultur mit dem leicht modifizierten Lob aus der Besprechung des vorangegangenen Bandes vom Januar 2016 beginnt: Das von seiner Hoheit Scheich Hamad bin Khalifa Al Thani, dem Emir von Qatar zusammen mit der Virginia Commonwealth School of Arts in Qatar im Jahre 2007 begründete und seit 2007 im zweijährigen Turnus stattfindende „Hamad-bin-Khalifa“-Symposium zur Islamischer Kunst und Kultur ist die wohl ambitionierteste Veranstaltung ihrer Art. Das erfahrene Organisationsehepaar Sheila Blair und Jonathan Bloom, der jeweils ausgewählte Themenschwerpunkt und die Qualifikation der eingeladenen Referenten garantieren eine Bereicherung des Wissen und eine Fülle neuer Erkenntnisse, die in den sorgfältig editierten, reich illustrierten und opulent ausgestatteten  Symposiumsbänden professionell und dauerhaft publiziert sind. Auch wenn in den letzten Jahren nicht alle Vorhaben und Investitionen des Golfstaates Qatar die uneingeschränkte Zustimmung der Weltöffentlichkeit gefunden haben, so ist doch dieses von der „Qatar Foundation for Education, Science and Community Development“ gesponserte Event über jeden Zweifel erhaben.

Nach den hier bereits eingehend besprochenen Symposiumsbänden über das Wasser in der Islamischen Kunst und Kultur (Rivers of Paradise, 2009), über die Farbe (And Diverse Are Their Hues, 2011), über das Objekt (God is Beautiful and Loves Beauty, 2013) und über das Licht (God is the Light of the Heaven and the Earth, 2015) liegt nun ein fünfter Band mit den Beiträgen des im November 2015 in Doha stattgefundenen Symposiums über Schrift und Schreiben in der Islamischen Kunst und Kultur vor. Das Thema ist von eminenter Bedeutung, wurde doch die Schrift geradezu zu einem Symbol des Islam. Nicht nur ist die arabische Schrift eine der am weitesten verbreiteten Schriften der Welt, sie ist vor allem eng mit dem Siegeszug des Islam verbunden und gilt dem gläubigen Muslim als etwas Heiliges. Als Kalligraphie genießt sie gar den höchsten Rang der Künste. Das Schreiben in arabischer Schrift ist ein Kennzeichen islamischer Kultur von ihren Anfängen auf der arabischen Halbinsel im 7. Jahrhundert bis zum heutigen Tage. Die Schrift in all ihren Varianten erfreut sich eines Prestiges und einer Identifikation, die von keinem anderen Schriftsystem auch nur annähernd erreicht wird. Damit ist eigentlich alles gesagt und es ist für den Leser des Buches umso spannender, zu entdecken, welche ungewöhnlichen und bisher in der Literatur kaum behandelten Bereiche das Symposium erschlossen hat.

Robert Hoyland von der New York University suchte die frühesten Spuren arabischer Schrift und fand sie in Petroglyphen und Graffiti in den Wüsten Arabiens und der Levante. Bereits im siebten Jahrhundert hatte sich diese Schrift und das Arabisch so weit entwickelt und eine solche Bedeutung erlangt, dass es der Prophet Mohammed für die Klarheit seiner Botschaft für notwendig hielt, dass er sie in dieser Sprache verkündete. Damit waren die Grundlagen einer beispiellosen Karriere der arabischen Schrift gelegt. Gleichsam eine kulturelle Wende, eine Art Revolution erkennt Angelika Neuwirth (Universität Berlin) mit der Funktion von Schrift als einer autoritären Quelle des Wissens. Das war etwa am Ende des 7. Jahrhunderts, als sich der Koran als der göttliche Ursprung des Schreibens etablierte und der Kalif Abd el-Malik (685-705) das Arabische als kaiserliche Sprache annahm. Die Entwicklung des abbasidischen Bagdad vom achten bis zum zehnten Jahrhundert ist das Thema von Hugh Kennedy (University of London). Der Umfang an Wissen und die Produktion von Büchern explodierten geradezu. Die Größe und die Lage Bagdads an wichtigen Pilgerrouten ließen eine Art Massenmarkt für Bücher entstehen. Bagdad, so meint Kennedy, war der erste Ort der Welt, wo ein Autor seinen Lebensunterhalt durch den Verkauf seiner Werke an ein literarisch interessiertes Publikum verdienen konnte, ein Meilenstein in der Menschheitsgeschichte. Das alles wäre nicht möglich gewesen ohne Papier, das in der arabischen Welt wohl seit dem achten Jahrhundert bekannt war. Für Jonathan Bloom ist das Papier nicht nur eine Voraussetzung für die wachsende Buchproduktion Bagdads, sondern vor allem für einen Paradigmenwechsel in der visuellen Kultur des Islam. Das illustrierte Buch wurde zur  bevorzugten Form islamischer Kunst. Christine Rose Beers, Konservatorin der Chester Beatty Library in Dublin, macht sich in ihrem, mit „Buch-Archäologie“ getitelten Beitrag Gedanken darüber, wie das arabische Buch gebraucht wurde, über seine Funktionalität und seinen Einband, und behandelt Probleme der Restaurierung bis zu Fälschungen und deren Entlarvung. Zurück zur Schrift: Ludvik Kalus (Sorbonne, em.) untersucht den historischen Gebrauch arabischer Schrift in Ost- und Südostasien. Die klimatischen Bedingungen beschränken dort die Zeugnisse  islamischer Schriftkultur von Thailand über Indonesien und Teile des südlichen China bis zu den Philippinen auf Grabsteine und Stelen. Die Texte und Legenden zu den illustrierten persischen Manuskripten des 16. Jahrhunderts, allen voran des Shanama von Shah Tarasp, sind für  Massumeh Farhad (Freer Gallery of Art, Washington) Anlass für eine Untersuchung von Kongenialität von Text und Bild. Dieses Thema berührt die Grundproblematik jeder Textillustration: Was ist besser: Das Bild, das beim Lesen vor dem inneren Auge des Lesers entsteht oder die Fixierung auf eine kongeniale Illustration. Dana Sajidi (Boston College) beschreibt anhand der Chronik eines Barbiers aus Damaskus des 18. Jahrhunderts eine ungewöhnliche Literaturgattung, da solche Themen aus dem täglichen Leben sonst fast ausschließlich mündlich überliefert sind. Nach einem Essay von Huda Smitshuijzen AbiFares, Graphiker aus Amsterdam, über arabische Typographie und moderne Druckkultur widmet sich der letzte Beitrag des Bandes einer bedeutenden Sammlung kalligraphischer Kunst. Heba Nayel Barakat vom Malaysia Museum für Islamische Kunst stellt zeitgenössische Kalligraphie aus diesem Museum vor und bestätigt damit die Bedeutung arabischer Schrift für die islamische Kunst und Kultur bis in die Gegenwart.

Dieser abschließende Beitrag leitet schonüber zum nachfolgenden Symposium, das im November 2017 an der Virginia University in USA mit dem Thema „Islamic Art – Past, Present, Future“ bereits stattgefunden hat. Auf den Symposiumsband, den sechsten in dieser Reihe, darf man gespannt sein.

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