Rugs and Textiles from Central Asia

Rugs and Textiles from Central Asia

Autor/en:        Despina Zernioti (Hrsg)

Verlag:           Corfu Museum of Asian Art

Erschienen:    Corfu 2016

Seiten:            348

Buchart:         Klappenbroschur

Preis:              (keine Information)

ISBN:            978-618-82702-0-6

Kommentar:  Michael Buddeberg

 

Besprechung: 

Beiträge, die in periodisch erscheinenden Medien publiziert werden, von der Tageszeitung bis zu wissenschaftlichen Fachzeitschriften, haben die Eigenheit, rasch aus dem Gedächtnis zu verschwinden oder unauffindbar zu werden. Während Bücher sichtbar im Regal verbleiben und ihren Inhalt auf dem Buchrücken preisgeben, verraten Periodika bestenfalls in gebundener Form ihren Jahrgang. Es ist daher zu vermuten, dass ein bereits 1994 in HALI, dem internationalem Magazin für Orientteppiche, publiziertes Interview, das Thomas Cole mit dem über Jahrzehnte mit Belutsch-Nomaden vertrauten Jeremy Wood-Anderson geführt hat, in den Kreisen der Sammler und Liebhaber von Teppichen und Textilien der Belutsch-Stämme kaum mehr präsent ist. Ein Katalog des Museums für asiatische Kunst auf der griechischen Insel Korfu schafft hier Abhilfe. Das im Anhang der Buches abgedruckte Interview eines Insiders, der schon zu Lebzeiten zur Legende geworden war, reich illustriert mit den von ihm diskutierten Belutsch-Teppichen aus der damals wie heute maßgebenden Literatur, ist auch heute noch lesenswert vor allem wegen der voneinander oft abweichenden Herkunftsvermutungen, insbesondere also Stammeszuschreibungen durch die etablierte Teppichliteratur einerseits und die des felderfahrenen Autodidakten andererseits.

Das Museum für asiatische Kunst in Korfu ist die einzige kulturelle Einrichtung in Griechenland, die der Kunst Asiens gewidmet ist. Und es ist das einzige Museum weltweit, das die textile Kunst der Belutschen mit mehr als zwei Dutzend Teppichen und einigen Flachgeweben in einer permanenten Ausstellung präsentiert – zusammen mit Teppichen der Turkmenen und Karakalpaken und einer repräsentativen Auswahl zentralasiatischer Textilien, Ikat-Mänteln aus Usbekistan, Stickereien aus Kirgistan, Susanis, Arbeiten des Lakai-Stammes und andere mehr. Es ist die Sammlung des Griechen Yiannis Sarzetakis und seiner kanadischen Frau Ruth Deighton-Sarzetakis, die sie seit den späten 60er Jahren des 20. Jahrhunderts auf vielen Reisen in der Region zusammengetragen haben. Es ist auch die Sammlung des 1982 geborenen Sohnes Jason, der seine Eltern begleitete, schon als Heranwachsender deren Liebe zu den textilen Schätzen der Nomaden teilte, eine Passion, die er leider durch seinen tragischen, frühen Tod nicht fortsetzen durfte. Die Schenkung der Jason Deighton-Sarzetakis Collection an das Museum in Corfu ist seinem Andenken gewidmet.

Frank Martin Diehr, selbst Sammler von Teppichen der Belutschen und Autor wichtiger Bücher zum Thema, würdigt in seinem Vorwort zum Katalog den besonderen Charakter der Sammlung Sarzetakis. Während sich Diehr im internationalen Handel, auf Auktionen, vor allem aber auf den Märkten Londons bemühte, eine Sammlung zu formen, die die Vielfalt der Belutsch-Teppiche präsentiert, atmet die Sammlung Sarzetakis den „spirit of travel.“ Als typische Vertreter des „Hippie-Trail“ erwarben Yiannis und Ruth auf ihren Reisen Textilien, die an Orte, Menschen und Begebenheiten erinnern und die in ihrer Gesamtheit ein Abbild sind für das gleichsam nomadisch geprägte Leben dieser Sammler, das von Neugier, Ruhelosigkeit und ständigem Ortswechsel bestimmt war. Das vom Zufall bestimmte Angebot, der nicht immer perfekte, manchmal gar fragmentarische Zustand der Stücke aber auch die für Qualität und Besonderheiten offenen Augen der Sammler und ihre Liebe zu den textilen Schätzen der Nomaden Zentralasiens bestimmen den Charakter der Sammlung. Natürlich gibt es bessere, bedeutendere Sammlungen von Belutsch-Teppichen etwa, von Turkmenen und von Susanis , aber nur wenige, die einen so breiten geographischen Bereich mit typischen Beispielen abdecken, die zudem dauerhaft der Öffentlichkeit zugänglich sind und die noch dazu von einem Katalog begleitet werden.

Alle in den zweisprachigen (griechisch und englisch) Katalog aufgenommenen Exponate – 29 Teppiche und Flachgewebe der Belutschen, 17 Knüpfarbeiten der Turkmenen und Karakalpaken und 34 Textilien aller Art – sind genau beschrieben und mit den notwendigen technischen Angaben versehen. Die ganzseitigen Abbildungen sind bei den Textilien von guter Farbqualität während die Teppiche fast durchweg zu dunkel geraten sind. Ein wenig Abhilfe schaffen hier die oft über zwei Buchseiten reichenden, vergrößernden Detailwiedergaben, die die Farbtiefe und Leuchtkraft dieser von Laien zu Unrecht als in ihrer Farbgebung als unattraktiv abgestempelten Teppiche erahnen lassen. Glossar und Bibliographie und nicht zuletzt das eingangs erwähnte Interview runden das Buch zu einer willkommenen Ergänzung der Literatur zu Teppichen und Textilien aus Zentralasien.

Interessenten für den Katalog können sich unmittelbar mit dem Corfu Museum of Asian Art in Verbindung setzen: matk@culture.gr

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