Diamond Mountains – Travel and Nostalgia in Korean Art

Diamond Mountains – Travel and Nostalgia in Korean Art

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Autor/en:        Soyoung Lee

Verlag:           Metropolitan Museum of Art und Yale University Press

Erschienen:    New York, New Haven und London, 2018

Seiten:            164

Buchart:         Hardcover

Preis:              GBP 35,00

ISBN:             978-1-58839-653-2

Kommentar:  Michael Buddeberg

 

Besprechung:

„Der Neundrachenfall … der 100 Meter … senkrecht niederstürzt, gehört zu dem wildest Romantischen, was die Natur zu bieten imstande ist,“ schrieb Norbert Weber, der Erzabt von St. Ottilien in seinem 1927 erschienenen Reisebericht mit dem Titel „In den Diamantbergen Koreas“. Sein Buch über eine Reise zu den buddhistischen Klöstern und Tempeln in der entlegenen und wildromantischen Bergwelt an der Ostküste der koreanischen Halbinsel zählt heute zu den seltenen Klassikern der Reiseliteratur, denn Korea war nie ein bevorzugtes Ziel früher Touristen. Was die Diamantberge anlangt hat sich daran bis heute nicht viel geändert. Seit der Teilung des Landes im Jahre 1948 liegen die von Vielen als das landschaftliche Kronjuwel Koreas bezeichneten Diamantberge unmittelbar nördlich der Demarkationslinie, die Südkorea vom kommunistischen Norden trennt. Zunächst für ein halbes Jahrhundert militärische Sperrzone war dort erst seit dem Ende der 1990er Jahre ein von Nordkorea streng reglementierter Tourismus für westliche Besucher möglich, der aber vor Jahren schon wieder eingestellt wurde .

Die Diamantberge, die ihren Namen von den etwa 12.000 schroffen Bergspitzen haben, die im Sonnenlicht wie Diamanten glitzern, locken nicht nur mit einer Überfülle landschaftlicher Schönheiten, mit Wasserfällen, romantischen Seen, versteckten Meeresbuchten, hoch aufragenden Basaltsäulen und dichten Urwäldern durch die die größte lebende Katzenart, der sibirische oder Amurtiger streift; sie waren jahrhundertelang auch ein Mittelpunkt des koreanischen Buddhismus, wovon noch heute Bergklöster, Pavillons und Tempel Zeugnis geben. Diese Kombination spiritueller und landschaftlicher Höhepunkte hat nicht nur seit jeher Scharen von Pilgern, sondern auch Maler aus Korea angezogen. Es war daher eine nahe liegende Idee des Metropolitan Museum of Art, die koreanische Malerei vom 18. bis ins 21. Jahrhundert unter dem Titel „Diamond Mountains“ vorzustellen, hat sich doch kaum ein koreanischer Künstler von Rang und Namen der Attraktivität dieser landschaftlichen Motive entziehen können.

Der zu dieser Ausstellung (Februar bis Mai 2018) vom MMA herausgegebene Katalog ist die bisher einzige außerhalb Koreas erschienene Publikation über koreanische Landschaftsmalerei. Ihr früher und bedeutendster Protagonist ist Jeong Seon (1676-1759), der mit seinen Ansichten des Mount Geumgang die koreanische Malerei in Ikonographie, Stil und Technik revolutionierte und damit das so genannte goldene Zeitalter der koreanischen Malerei einleitete. Hervorzuheben ist hier vor allem das im Nationalmuseum von Korea verwahrte Album mit 13 Ansichten aus den Diamantbergen, das auf der ersten Reise Jeong Seons in diese Region im frühen 18. Jahrhundert entstand und das eine an der Natur orientierte Malerei zeigt, die er im Laufe seines Schaffens nie mehr verließ und stets weiter verfeinerte. Dabei steht nicht, wie etwa bei der europäischen Malerei, die detail- und farbgetreue Wiedergabe im Vordergrund, sondern, ganz ähnlich wie bei der chinesischen Landschaftsmalerei, die Vermittlung von Stimmungen, die den Betrachter in ihren Bann ziehen sollen. Eine bis an die Unwirklichkeit reichende Übersteigerung der Motive oder deren fast abstrakt wirkende Vereinfachung sind hier probate Mittel. Die Maler Kim Hongdo (1745-1806), Sin Hakgwon (1785-1866) und Kim Hajong (1793-1875), dieser mit einem wunderschönen Album mit 25 Ansichten der Diamantberge, zeigen die Entwicklung der koreanischen Landschaftsmalerei bis ins 19. Jahrhundert. Kim Gyujin (1868-1933), dessen Album mit 25 Panoramaansichten besonders eindrucksvoll ist, steht für die Zeit der japanischen Besetzung Koreas. Auch Maler des 20. und 21. Jahrhunderts sind vertreten und zeigen die stilistische Entwicklung bis in die jüngste Zeit. Ein abschließendes Kapitel stellt den koreanischen Landschaftsbildern solche von japanischen und chinesischen Künstlern gegenüber, für die der Fuji oder der Mount Huang in der südchinesischen Provinz Anhui eine ähnliche Bedeutung haben wie die Diamantberge für Koreas Künstler. Wie Matterhorn und Staubbachfall in Europa zählen Gebirgsansichten auch im fernen Osten zu beliebten Motiven für Künstler und es ist daher nicht weiter erstaunlich, dass uns der 100 Meter niederstürzende Neundrachenfall, der schon den deutschen Missionar Norbert Weber vor einhundert Jahren so fasziniert hat, in den Bildern koreanischer Landschaftsmaler gleich mehrfach wieder begegnet.

 

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