Mandala – Sacred Circle in Tibetan Buddhism

Autor/en: Martin Brauen
Verlag: Rubin Museum of Art – Arnoldsche Art Publishers
Erschienen: New York Stuttgart 2009
Seiten: 264
Ausgabe: Hardback
Preis: € 39.80
ISBN: 978-3-89790-305-0
Kommentar: Michael Buddeberg, September 2009

Besprechung:
Martin Brauens “Mandala – Der Heilige Kreis in tantrischen Budhhismus” ist ein Klassiker der buddhistischen Literatur. Es ist eine der ausführlichsten und fundiertesten Publikationen zu einem zentralen Thema des tibetischen Buddhismus und der buddhistischen Praxis. Erstmals 1992 in deutscher Sprache erschienen erlebte das Buch mehrere Auflagen und wurde, soweit dies der Rezensent feststellen kann, auch in die englische, französische und italienische Sprache übersetzt. Dass die nun von Arnoldsche Art Publishers in Zusammenarbeit mit dem New Yorker Rubin Museum of Art (RMA) in englischer Sprache publizierte Neuauflage davon nichts erwähnt ist eigentlich ein Manko, das damit zu tun haben mag, dass alle Auflagen und Ausgaben in immer wieder anderen Verlagen erschienen. Man kann das aber auch anders sehen: Martin Brauen, langjähriger Kurator für Tibet am Völkerkundemuseum in Zürich ist seit 2008 Chefkurator am Rubin Museum of Art. Und das nun erschienene Buch ist kein schlichtes Remake, sondern das Katalogbuch zu einer von ihm kuratierten Ausstellung im RMA. Wie der Zusatz in der Museumsbezeichnung sagt, ist das Rubin Museum ein Kunstmuseum und so präsentieren Ausstellung und Buch 38 herausragende Objekte tibetischer Kunst, überwiegend Thankas und einige Metallarbeiten und Skulpturen. Nun sollte man zu dieser Kunst wissen, dass die durchweg anonymen Schöpfer dieser 38 Objekte aus dem 8. bis zum 19. Jahrhundert durchaus keine Kunstwerke schaffen wollten und sich auch nicht als Künstler verstanden, sondern als Mittler und Helfer für Suchende auf ihrem Weg zur Befreiung von Leid und Wiedergeburt. Dass dabei unabhängig vom spirituellen Gehalt der Darstellung, aufgrund des handwerlichen Könnens und dem Genius der Maler und Skulpteure auch große Kunstwerke entstanden, ist eine spezifisch westliche Sicht buddhistischer Bildwerke. Sie ist aber legitim, trägt sie doch dazu bei, den ästhetischen Wert von Kultobjekten zu erkennen und Altes und Schönes zu bewahren. Die von Martin Brauen für die Ausstellung und sein Buch getroffene Auswahl ist grandios. Sie beginnt mit einem monumentalen Thangka des Amoghapasa, 8./9. Jahrhundert, aus dem Musée Guimet in Paris, das Paul Pelliot Anfang des 20. Jahrhunderts aus den Mogao-Höhlen in Dunhuang erworben hat. Frühe Tangkas aus den berühmten Sammlungen Zimmerman und Pritzker und anderen privaten Sammlungen, aus großen amerikanischen Museen und aus den bedeutenden Beständen des RMA, die auf die Sammlungen von Shelley und Donald Rubin zurückgehen, erschließen das weite Spektrum der Mandala-Malerei und vor allem den komplexen Symbolismus der Zahl fünf. Sie steht die fünf Elemente, die fünf Himmelrichtungen, die fünf Farben, die fünf Weisheiten und die fünf transzendenten Buddhas, die Tathagatas. Von den Skulpturen ist vor allem ein vergoldetes Cakrasamvara Lotus Mandala aus der Thyssen-Bornemisza Collection zu erwähnen, das wohl im 17. Jahrhundert in der Mongolei geschaffen wurde. Insgesamt sind die gezeigten Objekte ein Beleg für die große Vielfalt, mit der die Gedankenwelt des Mandala visualisiert werden kann. Der Katalogteil ist daher eine wichtige Bereicherung des nahezu unveränderten und mit den ursprünglichen Originalillustrationen wiedergegebenen Textes. Zu diesem sei nachfolgend die Rezension eines Nachdrucks der Ausgabe 1992 wiedergegeben, der von der Universität Zürich anlässlich des vom Dalai Lama in Oktober 2002 in Graz zelebrierten Kalachakra-Rituals herausgegeben wurde: „…..es ist das Kalachakra- Mandala, das Mandala der höchsten Tantra-Klasse, das im Mittelpunkt des Buches steht. Bedeutung, Inhalt und Funktion des Mandala, sowohl als zwei- oder als dreidimensionale Darstellung, wie auch des Mandala-Rituals werden am Beispiel der Kalachakra-Tradition erläutert und erklärt. Dabei ist sich der Autor der Schwierigkeit seiner Aufgabe bewusst. Es ist eine Gratwanderung. Die letzte Wahrheit, um die es im tantrischen Buddhismus geht, nämlich die Leere oder die Lehrheit, sowie den dazu führenden, höchst komplizierten Weg, das „Gott-Yoga“ darzulegen, geht es doch um eine Annäherung an etwas, das sich in Worten eigentlich nicht fassen lässt, das vom Suchenden nur durch mühsames Streben und unter Anleitung eines geistigen Lehrers selbst erkannt werden muss. Damit müssen die meisten Versuche oder Wege, das Mandala zu erklären, scheitern. Ästhetische Kriterien, so schön und ansprechend die meisten Mandala auch sein mögen, berühren nur die Oberfläche. Eine kunsthistorische Betrachtung ist ebenso ein Irrweg, denn Mandalas sind keine Kunstwerke und wollen auch keine sein. Auch eine westlich religionswissenschaftliche Sicht führt nicht weiter, denn Mandalas sind weder Gottesdarstellung, noch sind sie Anbetungs- oder Verehrungsobjekt. Und dennoch sind sie von allen Kultobjekten des tantrischen Buddhismus diejenigen mit der größten und zugleich tiefsten Bedeutung. Eine Antwort ist nur über ein echtes Verständnis des buddhistischen Glaubens zu erlangen. Dem initiierten buddhistischen Lama dient das Mandala als Mittel zur Meditation, als wichtigstes Sinnbild für den Zusammenklang zwischen Mensch und Kosmos. Mit Hilfe des Mandala strebt der Tantriker die Visualisierung spiritueller Prinzipien an, such er tiefer einzudringen in geheime Lehren, die es ihm ermöglichen sollen, den leidvollen Kreislauf der Wiedergeburten zu verlassen und Erleuchtung zu erlangen. Das Mandala als Spiegel des Kosmos im Menschen ist daher omnipräsent, es ist Makrokosmos und Mikrokosmos zugleich, Unendlichkeit und Mensch. Entsprechend vielfältig sind die Erscheinungsformen das Mandala. Mandalas kennt man als Rollbild oder als Wandmalerei, als einfaches Getreide-Mandala auf dem buddhistischen Altar, als Grundriss von Kloster oder Tempel – man denke etwa an das Kloster Samye oder den Jokhang-Tempel in Lhasa – als extrem vergängliches, aus gefärbtem Pulver gestreutes Bild oder als zeitloses Naturphänomen – der Heilige Berg Kailash ist hier nur eines von vielen – oder als Stupa, einer architektonischen Nachbildung des Universums. So erinnert das Beschreiten einer Stupa – etwa des Stupa von Borobudur oder des Kumbum von Gyantse – an den meditativen Gang durch den Mandala-Palast, jenen Stufenweg zur Erleuchtung, auf dem der Initiand vom Grobstofflichen über den Feinstofflichen bis zum formlosen geistigen Bereich voranschreitet, um schließlich höchste Wonne und Leere zu erfahren. Das Buch von Martin Brauen ist ein schwieriges und anspruchsvollen Buch und für den an buddhistischen Erkenntnissen Interessierten eine exzellente Lektüre. Für den konzentrierten Leser ist es eine Anregung, einen eigenen Weg in der Auseinandersetzung mit dem tantrischen Welt- und Menschenverständnis zu finden.“

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