Metalwork from the Arab World and the Mediterranean

Metalwork from the Arab World and the Mediterranean

Autor/en:         Doris Behrens-Abuseif

Verlag:            Thames & Hudson

Erschienen:     London 2021

Seiten:             340

Buchart:          Leinen  mit Schutzumschlag

Preis:               GBP 50,00

ISBN:             978-0-500-97111-6

Kommentar:    Michael Buddeberg

 

Plünderung und der Raub von Kunst sind wohl ebenso alt wie die Kunst selbst und wie das Sammeln von Kunst. Doch genauso wie in vielen anderen Bereichen verblassen die Spuren mit dem Lauf der Geschichte und es sind nur wenige herausragende Aktionen – wenn man das so nennen darf – die sich in die Erinnerungskultur eingegraben haben. Geplünderte Königsgräber in Ägypten und anderen Teilen der Welt sind Beispiele für die Begierde nach Kunst. Auch an die Kreuzzüge, jedenfalls an die zu ihrer Zeit als erfolgreich erachteten, mag man hier denken,  an die Türkenbeute anlässlich der Befreiung Wiens von den Osmanen und schließlich an die Plünderung von Delhi, der Hauptstadt und Residenz der Mogul-Kaiser, durch Nadir Shah im Jahre 1739 und die endlosen Karawanen von Elefanten und Kamelen, die nötig waren, um die Schätze Indiens wegzutragen. Der Kunstraub von Hitler, Göring und Konsorten zwischen 1933 und 1945, der auch ein dreiviertel Jahrhunderts nach dem Ende des zweiten Weltkrieges noch nicht wirklich erfasst oder gar aufgearbeitet ist, markiert einen negativen Höhepunkt. Sogar bis in die jüngste Zeit gab es spektakuläre Raubaktionen wie die Plünderung und Zerstörung der Kunstmuseen in Bagdad und Kabul belegen.

Das soeben erschienene Buch über die islamischen Metallarbeiten der al-Sabah Sammlung in Kuwait lässt an den wohl spektakulärsten Kunstraub der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und dessen glimpflichen Ausgang denken. Am 2. August 1991 überfielen die Truppen des irakischen Diktators Saddam Hussein den Nachbarstaat Kuwait, setzten dessen Ölquellen in Brand und das kuwaitische Nationalmuseum in Schutt und Asche, nicht ohne zuvor die unschätzbare, etwa 20.000 Objekte umfassende Sammlung al-Sabah islamischer Kunst als Kriegsbeute für Bagdad zu bergen. Unter massivem Druck der UN und der Hilfe des British Museum gelangte die Sammlung fast vollständig nach Kuwait zurück. Deren erneute museale Präsentation in einem wieder errichteten Kuwait National Museum ist zwar bis heute nicht realisiert, doch durch eine Serie herausragender Publikationen über Textilien, Waffen, Teppiche, Glas und nun über Metallarbeiten ist die Sammlung von Scheich Nasser Sabah al-Ahmed al-Sabah und seiner Frau Hussa – alle bei Thames & Hudson erschienen – glanzvoll publiziert.

In jedem Kompendium über islamische Kunst sind Metallarbeiten zu finden. Doch Monographien zu diesem wichtigen Bereich islamischen Kunstschaffens sind rar. Einige Sammlungsbände von James W. Allen oder die kürzlich erschienenen Bände über Messing Bronze und Silber in der Khalili Collection sind hier zu nennen. Und so ist das Buch von Doris Behrens-Abuseif, mit dem 113 Objekten der Sammlung al-Sabah sorgfältig in Wort und Bild vorgestellt und beschrieben werden, eine wertvolle Bereicherung der Literatur zur islamischen Kunst. Die Sammlung umfasst Gefäße aller Art, Schalen, Kannen, Krüge und Vasen, Platten und große Tabletts, Kerzenleuchter, Schreibboxen, Türklopfer, Fenstergitter, Weihrauchbrenner, Standarten und schließlich eine Gruppe ikonischer, sehr früher und meist vogelförmiger Tiergestalten. Kunstvolle und aufwändige Arbeiten für den Hof und für hochrangige Auftraggeber sind ebenso vertreten wie alltägliche Haushaltsgerätschaften. Von den Objekten wird das gesamte Zeitspektrum vom Übergang der Spätantike in die frühislamische Zeit bis zur osmanischen Ära im 19. Jahrhundert abgedeckt. Dargestellt wird die Entwicklung der Metallkunst, ihre Höhepunkte, aber auch ihr Niedergang durch Massenproduktion und Materialverknappung. Die Abfolge der islamischen Dynastien in den zentralen Ländern der arabischen Welt, das sind hier vor allem Syrien, Ägypten, der Irak und Yemen, bestimmen die Chronologie und den erfassten geographischen Bereich.

Ganz besonders hervorzuheben ist, dass Sammlung und Katalog einen deutlichen Schwerpunkt in der Zeit der Mamluken-Dynastien von der Mitte des 13. Jahrhunderts bis ins frühe 16. Jahrhundert setzen. Mehr als die Hälfte der Objekte stammen aus dieser Zeit, in der mit der technischen Perfektion und der Kunstfertigkeit der Handwerker auch der ästhetische Dreiklang von Material, Form und Dekor seinen Zenith erreicht hatte. Üblicherweise werden diese Arbeiten der Stadt Mossul zugeschrieben, was aber mehr als eine bloße Gattungsbezeichnung zu verstehen ist. Die Autorin gibt hier als Herkunft durchweg und recht pauschal „Ägypten oder Syrien“ an, differenziert aber sehr präzise nach der stilistischen Entwicklung der Dekore. Während der frühen, der sogenannten Bahri-Dynastie (1250-1382) entwickelt sich der Dekor von einem noch ayyubidisch beeinflussten, transitionalen Stil mit von Medaillons unterbrochenen Schriftbändern auf häufig undekorierter Fläche zu einem epigraphischen Stil, in dem flächenfüllende Schriftzeichen die Auftraggeber verherrlichen. In der nachfolgenden Tscherkessen- oder Burdschi-Dynastie (1382-1517) treten, wohl aus Materialmangel, die Einlegearbeiten mit Silber gegenüber Gravuren zurück. Schriften, Schriftbänder und Medaillons sind nicht mehr so dominant und in der Regel in eine kleinflächige ornamentale Dekoration eingebettet. Was hier im besten Fall und mit wenigen Sätzen neugierig machen soll, wird von Doris Behrens-Abuseif detailliert und spannend erzählt und kann mit Hinweisen auf Vergleichsstücke aus anderen Sammlungen sowie reich illustriert mit den herausragenden Objekten der Sammlung al-Sabah, vermehrt um zahlreiche Detailfotos und erklärende Zeichnungen als eines der aktuellen Standardwerke für islamische Metallarbeiten bezeichnet werden.

Print Friendly, PDF & Email