Die Worte des Buddha in den Sprachen der Welt

Autor/en: Günther Grönbold
Verlag: Bayerische Staatsbibliothek
Erschienen: München 2005
Seiten: 190
Ausgabe: fester illustrierter Einband
Preis: € 15.–
ISBN: 3-9807702-4-9
Kommentar: Michael Buddeberg, Februar 2005

Besprechung:
Die Orient- und Ostasiensammlung der Bayerischen Staatsbibliothek gehört mit 16.000 Handschriften und über 500.000 Drucken aus allen Regionen Asiens neben den Sammlungen von Paris, London und dem Vatikan zu den bedeutendsten der Welt. Bereits bei ihrer Gründung im Jahre 1558 gelangten mit der Übernahme der Fuggerschen Bibliothek wertvollste Orientalica in den Bestand, der seither kontinuierlich ausgebaut und gepflegt wurde. Glanzstücke der Sammlung sind etwa prachtvoll illuminierte Koranhandschriften, die in einer bemerkenswerten Ausstellung im Jahre 1998 gezeigt wurden. Einen ganz wesentlichen Teil der Sammlung aber nehmen die buddhistischen Schriften ein und das kommt nicht von ungefähr. Während der Koran oder die Bibel gerade mal einen mehr oder weniger stattlichen Band füllen, umfassen die heiligen Schriften des Buddhismus, üblicherweise mit dem Sanskrit-Wort „Tipitaka“ oder „Tripitaka“ (tibetisch „Kanjur“, chinesisch „Dazangjing“) bezeichnet, je nach Ausgabe zwischen 45 und mehr als 200 Bänden. Und es gibt auch keine einheitliche Ausgabe, denn in den unterschiedlichen Schulen des Buddhismus entwickelten sich ganz verschiedene Inhalte. Diese Inhalte bestehen auch nicht aus den unveränderbaren Verkündigungen eines Gottes, sondern aus den Lehren und Erfahrungen eines Menschen, der einen Weg zur Befreiung aus dem Leid fand und der diese Lehren 45 Jahre als Wandermönch in ungezählten Predigten verkündete. Die Vielfalt der Sprachen, vor allem aber der Schriften und Schriftsysteme in den Verbreitungsgebieten des Buddhismus tragen weiter dazu bei, die Übersicht über buddhistisches Schrifttum zu erschweren. Die Ausstellung in der Bayerischen Staatsbibliothek (bis zum 20.03.05) und das dazu erschienene Katalogbuch (in deutscher und englischer Sprache) sind daher eine begrüßenswerte und einmalige Gelegenheit, sich einen Überblick über dieses komplexe Gebiet zu verschaffen. Gezeigt, vorgestellt und beschrieben werden buddhistische Texte in 32 Sprachen und 29 Schriften vom frühen Blockdruck bis zu Mikrofiche und CD-Rom. Eine Einführung und einleitende Texte zu den „Tipitaka“ der verschiedenen Schulen und Sprachkreise vermitteln eine Vorstellung über Inhalte und Besonderheiten der Texte. Übersetzungen dieser Texte in moderne asiatische und europäische aber auch in längst ausgestorbene Sprachen wie das Sogdische oder das Tocharische stehen im Mittelpunkt der Sammlung. Optischer Schwerpunkt von Ausstellung und Katalog sind indessen die vielfältigen Buchformen und die Kostbarkeiten aus den Schatzkammern der Bibliothek. Palmblatthandschriften in singhalesischer Schrift zwischen geschnitzten und vergoldeten Buchdeckeln, ein mongolisches Faltbuch aus Seidenbrokat, bei dem die tibetischen Texte nicht geschrieben, sondern verschiedenfarbig gestickt sind oder ein Pali-Text aus Birma, eingeritzt auf einem Blatt aus reinem Gold sind solche Cimelien. Ein in einer hölzernen Pagode aufbewahrter japanischer Druck aus dem 8. Jahrhundert gehört zu den ältesten Drucken der Welt, und das Exemplar der „Geheimen Autobiographie“ des 5. Dalai Lama ist das einzige, das der berühmte Autor durch einen roten Daumenabdruck autorisiert hat. Andere Exponate faszinieren durch ihre Erwerbsgeschichte wie der 100-bändige Lhasa-Kanjur aus der tibetischen Staatsdruckerei, der 1939 von der „Deutschen Tibet Expedition“ Ernst Schäfers mitgebracht wurde oder der von mehr als 60.000 Original-Druckstöcken des 18. Jahrhunderts im Jahre 1982 in Derge in Osttibet gedruckte Kanjur, der auf abenteurlichen Wegen per LKW über Kathmandu schließlich in die Bayerische Staatsbibliothek gelangte. Ein sorgfältig editiertes und schön gestaltetes Buch zu einem selten behandelten Thema.

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