Where Heaven and Mountains Meet – Zanskar and the Himalayas

Autor/en: Olivier Föllmi
Verlag: Thames & Hudson
Erschienen: New York und London 1999
Seiten: 232
Ausgabe: Leinen mit Schutzumschlag
Preis: 39.95 engl.Pfund
ISBN: 0-500-01954-1
Kommentar: Michael Buddeberg

Besprechung:
Diese Neuerscheinung beschert uns ein Wiedersehen mit der vor vielen Jahren erschienenen, längst vergriffenen und mit höchsten journalistischen und fotografischen Auszeichnungen versehenen Reportage des Weges über den „Frozen River“, der gefährlichen zweiwöchigen Wanderung über den gefrorenen Zanskar Tsampo, den einzigen winterlichen Zugang in das alte Königreich Zanskar. Eines der entlegensten Gebiete im Himalaya, ist Zanskar neun Monate im Jahr durch Schnee und Eis von der Außenwelt abgeschnitten – es sei denn man wagt den winterlichen Weg durch die tief eingeschnittene Schlucht des Zanskar River. Selbst für die Zanskari, die Bewohner der Hochtäler von Zanskar ist dieser Weg ungewöhnlich und nur selten benutzt denn die Gefahren sind groß. Trotz der Kälte bis -40 Grad und der eisigen Dämmerung in der tiefen, engen Schlucht, die im Winter kein Sonnenstrahl erreicht, ist das Eis trügerisch. Oft läßt der schnellfließende Fluß nur an seinen Felsrändern eine schmale Eispassage stehen, überflutete Stellen müssen barfuß bewältigt werden, und vor jedem Schritt muß das Eis mit dem langen Wanderstock auf seinen Klang und seine Tragfähigkeit abgeklopft werden. Es sind ungewöhnliche, eindrucksvolle, faszinierende Fotos eines ganz großen Abenteuers. Diese Neuerscheinung ist aber auch der ganz persönliche Bericht des französischen Fotografen und Journalisten Olivier Föllmi über seine nun 20 Jahre währende Verbindung mit Zanskar und über die Wandlung und Läuterung, die er durch Zanskar und durch das Volk der Zanskari erfahren hat. Am Anfang stand der Wunsch des jungen Journalisten nach Abenteuer, Risiko und Gefahr und so führte ihn und seine spätere Frau Danielle der erste Weg in das winterliche Zanskar über die eigentlich unmögliche Route, über drei hohe, tief verschneite Pässe. Die Schilderung dieses lebensgefährlichen Abenteuers, Olivier und Danielle allein in der Schneeinsamkeit zwischen den hohen Pässen, den point of no return längst hinter sich, folgen sie den Fährten von Wölfen und Schneeleoparden, bis ein Schneesturm auch diese vagen Spuren zudeckt, ist Abenteuer-Literatur erster Klasse. Nach einem Eis-Einbruch von Olivier bei -30 Grad haben die beiden den sicheren Tod vor Augen und es ist reiner Instinkt, der sie auch den dritten Pass bewältigen und ihr Ziel finden läßt. Es folgt die Begegnung mit den Zanskari, die in ihrer Abgeschiedenheit ein friedvolles, fröhliches, geselliges und vom tibetischen Buddhis¬mus geprägtes Leben führen. Mehrere Überwinterungen in Zanskar gewähren dem Autor einen Zugang zu der einfachen, traditionsbewußten, auf Menschlichkeit und gegenseitige Hilfe gegründeten Gesellschaft und lassen Freundschaften entstehen. Im Mittelpunkt steht die tiefe Freundschaft von Olivier und Danielle mit Lobsang und Dolma und deren Kindern Motup und Diskit, welche beiden schließlich zu Kindern von Olivier und Danielle werden. Das ist durchaus wörtlich gemeint und entspricht der buddhistischen Vorstellung, daß Kinder ihren Eltern nur geliehen sind, daß sie ihr eigenes Karma und ihren eigenen Weg durch die unendliche Folge von Wiedergeburten haben. Lobsang und Dolma übergeben die Verantwortung für Motup und Diskit den beiden Europäern, die fortan für eine moderne Ausbildung und Erziehung der Kinder sorgen, die beste Entwicklungshilfe, die einem Land wie Zanskar an der Schwelle zum dritten Jahrtausend gewährt werden kann. So ist dann auch der zweifache Weg über den gefrorenen Fluß nicht mehr vom Abenteuer diktiert sondern vom Wunsch des Schülers Motup, nach dreijähriger Abwesenheit seine Eltern wiederzusehen, und von der Entscheidung der Eltern, die kleine Diskit mit ihm zurück in die Schule nach Leh zu geben, auf dem gefährlichen Weg über den gefrorenen Zanskar Tsampo. Erst durch diese Geschichte von Liebe und Hoffnung gewinnen die Bilder dieser berühmten Reportage ihre Einzigartigkeit und tiefe Aussage, die über die Darstellung eines bloßen Abenteuers weit hinausgehen. Nachdenkliche Überlegungen über die Zukunft Zanskars und seiner Menschen stehen am Schluß. Was wird die Elektrizität, das Fernsehen, die inzwischen gebaute Straße, der zunehmende Tourismus dieser traditionell und religiös geprägten Gesellschaft bringen? Die Antwort auf diese Fragen muß nicht immer negativ ausfallen, denn die Werte dieser konservativen Gesellschaft, Menschlichkeit und Toleranz können mit der Öffnung und Zugänglichkeit von Zanskar auch eine Außenwirkung entfalten. Sie haben den Autor, wie er selbst darstellt, geprägt, gewandelt und geläutert und sie haben dieses wunderschöne Buch entstehen lassen, das nicht nur geschaut sondern auch gelesen werden muß. (- mb -)

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