Hindu Arms and Ritual – Arms and Armour from India 1400-1865

Autor/en: Robert Elgood
Verlag: Eburon Academic Publishers
Erschienen: Delft 2004
Seiten: 312
Ausgabe: Leinen mit Schutzumschlag
Preis: € 99.–
ISBN: 90-5972-020-2
Kommentar: Michael Buddeberg, März 2005

Besprechung:
Indische Waffen – Wohl jeder denkt hier an die Prunkwaffen der Mogul-Kaiser und ihres Gefolges, wie sie zur Zeit in der sensationellen Juwelen-Ausstellung aus der Sammlung des kuweitischen Scheichs Nasser Schah al-Ahmad-al-Sabah im Berliner Martin-Gropius-Bau bewundert werden können (bis 11.04.2005). Es sind Dolche und Schwerter, deren Griffe und Scheiden, überreich und flächenfüllend mit Gold und Edelsteinen inkrustiert sind. Rubine, Smaragde und Diamanten sind in geradezu verschwenderischer Menge unter Verwendung der attraktiven Kundantechnik in reines Gold gebettet. Katar-Dolche sind mit Goldintarsien und Emailledekor verziert und elegante Messer mit Jadegriffen, deren Knäufe feinstgearbeitete Tierköpfe darstellen. Über all diesem Prunk und Luxus übersieht man leicht den Zweck und die absolute Funktionstüchtigkeit dieser Waffen, die hohe Kunst nicht nur der Juweliere, sondern auch der Waffenschmiede und den meisterhaften Umgang indischer Handwerker mit Stahl und Eisen. Es war zwar eine vorwiegend muslimische Oberschicht, für die diese opulent verzierten Waffen bestimmt waren, doch die einheimischen Handwerker waren Hindus, deren handwerkliches Können in alten indischen Traditionen wurzelte und die seit jeher für ihre Auftraggeber perfekte Waffen gefertigt haben. Und es war eine Handwerkskunst, die nicht auf Nordindien beschränkt war, sondern gerade im Süden des Subkontinents seit dem 15. Jahrhundert Höchstleistungen in Technologie und Dekoration hervorbrachte. Bekannt ist davon allerdings nur wenig. Der wohl größte Bestand solcher Waffen, das Palast-Arsenal von Tanjore, wurde von der Ostindischen Kompagnie in der Mitte des 19. Jahrhunderts aufgelöst und zu einem großen Teil verschrottet. Was von diesen Waffen geblieben ist, führt heute ein eher unbeachtetes Dasein in indischen Provinzmuseen, in einigen privaten Sammlungen und in den großen Museen von London, New York, Paris und Berlin. Das Buch von Robert Elgood, Islamist, Anthropologe und ausgewiesener Spezialist für historische Waffen und Rüstungen aus Asien, ist die erste umfassende und gründliche Untersuchung über die Waffenkunst hinduistisch-indischer Handwerker vom 15. bis zum 19. Jahrhundert. Es ist eine wenig bekannte ornamentale Welt, in die uns der Autor führt. Während bei europäischen Waffen, sieht man einmal von den Jagdwaffen ab, Form und Dekor überwiegend der Funktion folgte, stand bei den Waffen der Hindu immer die Vorstellung im Vordergrund, die Waffen für Götter und Geister attraktiv zu machen, um durch deren Präsenz den Waffen größere Wirksamkeit und ihrem Träger Schutz zu verleihen. So finden wir Dolche und Schwerter, Schilde und Rüstungsteile, Speerspitzen, Hellebarden und Streitäxte mit uns fremdartig anmutenden Dekoren, mit Masken, Fratzen, verfremdeten und mythischen Tierfiguren und oft nur schwer interpretierbaren Allegorien. Den aufwendigsten Dekor in Bronze oder Eisen, oft gegenständige Tiere, findet man bei den Katars, jenen gebietstypischen, höchst effektiven Stichwaffen mit einem waagerechten Griff zwischen schützenden Seitenwangen. Übertroffen werden die Katars im Reichtum bedeutungsvoller Verzierung nur noch von den „Ankusas“, nicht eigentlich Waffen, sondern die mit Haken und Speerspitze versehenen Führungsstöcke für Elefanten. In Südindien war die Ankusa zugleich ein Zeichen königlicher Macht und Symbol des Kriegsgottes Murukan. Die schönste dieser Ankusa aus dem Bostoner Museum of Fine Arts muss als ein Weltwunder der Guß- und Schnittechnik in Eisen angesehen werden. Ergänzt wird der Reigen attraktiver Waffen durch Waffendarstellungen auf alten indischen Tempelskulpturen und Miniaturen. Nicht zuletzt vergleichende Untersuchungen dieser Darstellungen mit tatsächlich erhaltenen Exemplaren führten den Autor zu dem Schluß, dass viele der Waffen sehr viel älter sind als bisher angenommen. Eine bewundernswert vollständige und detaillierte Untersuchung zu einem kaum bekannten Thema indischer Kultur und indischen Kunsthandwerks.

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