The Ajanta Caves – Ancient Paintings of Buddhist India

Autor/en: Benoy K. Behl
Verlag: Thames & Hudson
Erschienen: London 1998
Seiten: 256
Ausgabe: Leinen mit Schutzumschlag
Preis: 42.– englische Pfund
Kommentar: Michael Buddeberg, Oktober 1998

Besprechung:
Alchi, Tabo und Gyantse, der Borobudur und die „tausend Höhlen von Dunhuang“, alles bedeutende Stätten früher buddhistischer Kunst, waren Gegenstand wichtiger Monographien der zurückliegenden Jahre und waren es wert, hier vorgestellt zu werden. Allen diesen Stätten war gemeinsam, daß sie in den Ausbreitungsländern des Buddhismus lagen und daß sie geprägt waren von Entwicklungen und Änderungen, die der Buddhismus auf seinem Weg nach Norden oder nach Osten erfahren hatte. Mit den Höhlen von Ajanta wird nun ein buddhistisches Heiligtum aus der Frühzeit und aus dem Ursprungland des Buddhismus vorgestellt. Die Höhlen von Ajanta liegen nordöstlich von Bombay in einer einsamen, romantisch schönen Bergregion. Buddhistische Mönche begannen schon um das zweite Jahrhundert vor Christus mit dem Bau dieser einzigartigen Kloster- und Tempelanlage. Bis etwa 600 nach Christus wurden an die dreißig große, komplexe Felsheiligtümer in die schroffe Felswand einer hufeisenförmigen Schlucht des Flusses Waghora gehauen. Ein chinesischer Pilger, Xuan Zang, beschrieb in der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts diesen eindrucksvollen Ort und wir dürfen annehmen, daß Ajanta damals ein bedeutendes religiöses und künstlerisches Zentrum war, zu dem Pilger, Reisende und Künstler aus ganz Indien strömten. Dann wurde Ajanta verlassen und geriet in Vergessenheit bis im Jahre 1819 englische Soldaten auf der Tigerjagd dieses Kleinod wieder entdeckten. Die Höhlen von Ajanta imponieren zunächst durch ihre Architektur. Es sind keineswegs „Höhlen“ sondern große Versammlungshallen und Klöster, Orte der Verehrung und Andacht sowie Wohnstätten für Mönche mit einer unmittelbar von der Tradition von Holzbauten übernommenen Architektur. Bemerkenswert sind die Hochreliefs, der Skulpturenschmuck, der Reichtum, die Vielfalt und die feine, meist ornamentale Verzierung von hunderten von Säulen und Kapitellen. Unübertroffen ist aber vor allem die Qualität und Schönheit der Malereien, die in diesen dunklen, kaum von Tageslicht erhellten Räumen verborgen ist. Diese Bildergalerien breiten sich in geheimnisvoller, üppiger Fülle im Innern der „Höhlen“ aus. Wandmalerei findet sich als Schmuck von Mauern, Säulen, Türrahmen und Decken; sie liefert uns ein unvergleichliches Gebetbuch des indischen Buddhismus, da ihre Themen und Ikonographie ausschließlich der ursprünglichen buddhistischen Legende entnommen sind. Die Bilder illustrieren die früheren Existenzen von Buddha, die Jataka der Pali-Literatur, und sie erzählen in komplexer und kunstvoller Verknüpfung Geschichten, Balladen und Anekdoten aus dem Leben Buddhas. Berühmt sind vor allem die Malereien von vier der großen Klosterhöhlen aus dem 5. und 6. Jahrhundert, auf die sich dieses Buch konzentriert. Auch wenn es religiöse Bilder sind, so zeigen sie doch das Leben an den Fürstenhöfen, den Prunk der offiziellen Zeremonien aber auch die zärtliche Intimität von Familienszenen, aufgelockert von dekorativen Tier- und Blumendarstellungen. Wir erhalten einen Einblick in die verfeinerten Sitten der Epoche, in der sie entstanden sind, und in der der Norden Indiens eine bis dahin nicht gekannte künstlerische und kulturelle Blüte erlebte. Die Gupta-Dynastie war auf dem Gipfel ihres Ruhms, ihrer politischen und wirtschaftlichen Macht und ihrer territorialen Expansion angelangt. Die Malkunst entfaltete damals eine nicht gekannte und danach nicht wieder erreichte Perfektion. Ihr herausragendes Merkmal ist die durchaus profane und weltliche Darstellung der religiösen Themen, die der späteren buddhistischen Kunst fremd ist. So entfaltet sich vor uns ein schillerndes Gemälde einer ungewöhnlichen und verwirrenden Welt sinnlicher und lasziver Schönheit, diesseitiger Prachtentfaltung und zur Schau gestellter Raffinesse. Die Besonderheit dieses Buches über Ajanta liegt darin, daß es dem Autor und Fotografen, Benoy K. Behl, mit einer besonderen und behutsamen Beleuchtungstechnik gelungen ist, den ganzen Zauber dieser Malerei einzufangen. Wir können uns vorstellen, wie diese Höhlen auf die Besucher wirkten, dort, wo nur noch Reste von Tageslicht vom weit entfernten Eingang vorhanden waren und wo kleine Öllampen den mysthischen, geheimnisvollen und irdisch-unirdischen Effekt dieser Malerei noch vergrößert haben.

Print Friendly, PDF & Email