Glass from Islamic Lands

Autor/en: Stefano Carboni
Verlag: Thames & Hudson
Erschienen: London 2001
Seiten: 416
Ausgabe: Leinen mit Schutzumschlag
Preis: 40.– engl. Pfund
ISBN: 0-500-97606-6
Kommentar: Michael Buddeberg

Besprechung:
Islamisches Glas wird von der kunsthistorischen Forschung und Literatur recht stiefmütterlich behandelt. Seit den grundlegenden Monographien von Carl Johan Lamm in den 20er und 30er Jahren des 20. Jh. wurden zwar immer wieder einzelne Aspekte, bestimmte Stücke oder begrenzte Regionen aus der reichen Tradititon islamischer Glaskunst behandelt, doch fehlte die umfassende Gesamtdarstellung. Natürlich findet man in Publikationen zur islamischen Kunst auch schönes Glas, aber es sind immer wieder die gleichen Glanzstücke, die uns präsentiert werden, während die große Masse unpubliziert und unbeschrieben blieb. Zugegeben, Glas ist ein schwieriges Thema. Seine Zerbrechlichkeit macht es selten. Inschriften, die etwas über Alter und Herkunft aussagen können gibt es so gut wie nie. Die Beweglichkeit der meist kleinen Objekte tut ein übriges, um die Bestimmung zu erschweren: Oft liegen Herstellungs- und Fundort weit auseinander. Zuverlässige wissenschaftliche Methoden der Altersbestimmung sind noch nicht gefunden und die chemische Analyse ist aufwendig und nicht immer aussagekräftig. Stefano Carboni, Kurator der islamischen Abteilung des Metropolitan Museum of Art hat mit seinem Buch über islamisches Glas aus der Al-Sabah Collection den Versuch unternommen, diesem Mangel abzuhelfen und er ist ihm glänzend gelungen. Nun ist die Sammlung von Scheich Nasser Sabah al-Ahmad al-Sabah, seit 1983 als Dauerleihgabe im Kuwaiter Nationalmuseum verwahrt, als eine der größten Sammlungen islamischer Kunst für eine solch umfassende Darstellung glänzend geeignet und zwar umso mehr als eine Vorliebe des Sammlers gerade dem Glas gilt. Die stets weiterwachsende Sammlung – so gelangte vor einigen Jahren die bedeutende Sammlung des Schweizers Ernst Kofler nach Kuwait – umfaßt heute über 700 Inventarnummern und deckt alle Provenienzen und alle Herstellungs- und Dekorationstechniken islamischer Glaskunst ab. Nahezu alle Objekte, von einzigartigen und einmaligen Prunkstücken mamlukischer Glaskunst bis zu kleinen aber wichtigen Fragmenten, sind sorgfältig beschrieben und in hervorragenden Aufnahmen farbig wiedergegeben. Bei jedem Stück ist der Versuch einer Datierung und Herkunftsbestimmung unternommen und hier liegt nach wie vor das große Problem. In der Regel gibt Carboni für die Entstehung vorsichtig eine Zeitspanne von 2 Jahrhunderten an und auch die in Frage kommenden Herstellungsregionen liegen oft weit voneinander entfernt. Hier bleibt ein weites Betätigungsfeld für künftige Forschung, zu der diese Studie Anstoß und Anregung gibt. Das Buch ist in fünf chronologisch aufgebaute Kapitel gegliedert. Das erste und das letzte behandeln die Früh- und die Spätphase islamischen Glases, die beide stark von äußeren Einflüssen geprägt sind. Während in der Frühzeit persisch-sassanidische, vor allem aber römische Vorbilder Form und Dekor bestimmen, sind in der Spätzeit, vom 17. bis zum 19. Jahrhundert stets zunehmende europäische Einflüsse spürbar. Europäische Karaffen, im 18. Jahrhundert in Gujarat mit feinen Miniaturen im Moghul-Stil bemalt, mögen hierfür als Beispiel genannt werden. Die drei zentralen Kapitel behandeln alle Glas- und Dekorationstechniken in der Zeit vom 8. bis etwa zum 14. Jahrhundert. Gängige Techniken zum Formen und Gestalten von Glas waren das Blasen in eine Form, das Ziehen und Tropfen oder das Aufsetzen von Fäden farbigen Glases, das Einschneiden, der Kameeschliff oder das Ritzen und Schleifen mit einem Diamanten, das Bemalen mit Lüsterfarben, schließlich das Emaillieren und Vergolden. Jeder Technik sind eigene Abschnitte mit einführendem Text gewidmet, der bei der Beschreibung der einzelnen Objekte dann noch vertieft wird. Besonders reich vertreten ist Glas mit geschnittenem Dekor, Flaschen, Vasen und Flacons, überwiegend wohl persisch aber auch aus Syrien, Mesopotamien, Aegypten und Zentralasien. Ein ästhetisch besonders faszinierender Bereich sind Flaschen und Fläschchen, Schalen und Parfumbehälter oder auch figürliche Darstellungen aus marmorierter Glasmasse, durchweg aegyptisch/syrischen Ursprungs, schon im 8. Jahrhundert das unbestrittene Zentrum islamischer Glasherstellung. Eben dort aber ein halbes Jahrtausend später, sollte im 13. und 14. Jahrhundert die islamische Glaskunst ihren Höhepunkt erreichen. Vergoldete und in bunten Emaillefarben bemalte Moscheelampen, kostbare Flaschen mit kalligraphischen Inschriften, Parfumfläschchen, ein in Form und Funktion metallenen Vorbildern entlehnter Tablettuntersatz mit goldenem Dekor aus Löwen und Gazellen, Sphinx und Greif, Hasen und Bären – das sind Höhepunkte der Glaskunst schlechthin. Ein wissenschaftlicher Anhang mit Glossar, vollständiger Bibliographie und sogar einer Vergleichstabelle für Glasfarben sind für eine solch anspruchsvolle Publikation selbstverständlich und machen das Buch insgesamt zu einer wertvollen Bereicherung jeder Bibliothek islamischer Kunst. Bleibt noch anzumerken, daß dies der erste einer Serie von Katalogen ist, die die gesamte Al-Sabah Collection abdecken werden, Keramik, Juwelen, Metallarbeiten, Münzen, Manuskripte, Miniaturen und Textilien. Nach diesem gelungenen Beginn darf man sich auf weitere Bände freuen. (- mb -)

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