Ceramics of the Islamic World in the Tareq Rajab Museum

Autor/en: Géza Fehérvári
Verlag: Tauris Publishers
Erschienen: London u. New York 2000
Seiten: 400
Ausgabe: Leinen mit Schutzumschlag
Preis: 65.– engl.Pfund
ISBN: I-86064-430-9
Kommentar: Michael Buddeberg

Besprechung:
20-Zimmer-Villen an der Cote d’Azur, Luxus-Yachten in Palma, Penthouse-Wohnungen in New York, ganze Flotten von Rolls Royce und Golfplätze in der Sandwüste – das sind, wenn man der Regenbogenpresse glaubt, die Hobbys der arabischen Ölmagnaten, sind die Liebhabereien, in die sie ihre Dollar-Millionen investieren. Schon immer hatten Luxus und Verschwendung im Orient einen hohen Stellenwert – vor allem natürlich für die, die sich das leisten konnten. Das fatimidische Kairo, das osmanische Istanbul oder das Delhi der Moghulzeit liefern hierfür zahlreiche und treffliche Beispiele. Diese Beispiele belegen aber gleichzeitig, daß Luxus und Mäzenatentum im Orient oft kaum zu trennen sind, daß diese Gemengelage immer einen wesentlichen Anteil an der Entwicklung der islamischen Kunst hatte. Nicht nur in den genannten Städten, auch in Bagdad, Córdoba, Herat, Isphahan, Samarkand und in vielen anderen, sammelten Herrscher und Fürsten Kunst und Kunsthandwerk aus Vergangenheit und Gegenwart. Ihre jeweiligen Motive mögen verschieden gewesen sein doch im Ergebnis stimmen sie überein: Ihrem Mäzenatentum ist es zu danken, daß die Vergangenheit durch ihre Pflege in der Gegenwart die Zukunft zu gestalten half. Es ist bemerkenswert aber nur wenig bekannt, daß auch unter den orientalischen Nabobs dieser Tage solche Mäzene zu finden sind. Das Ehepaar Nasir und Hussa al-Sabah, deren Sammlung islamischer Kunst im Nationalmuseum von Kuwait vor einigen Jahren um die Welt reiste, gehört ebenso zu ihnen wie Tareq Sayid Rajab und seine Frau Jehan, die schon im Jahre 1980 das Taraq Rajab Museum in Kuwait der Öffentlichkeit übergaben. Islamische Kunst, bedeutende Glas- und Metallarbeiten, vor allem aber eine in Umfang und Qualität einzigartige Sammlung islamischer Keramik zeugen von der Uneigennützigkeit und dem Sendungsbewußtsein eines mäzenatischen Sammlerpaares, das seinen Zugang und seine Liebe zu dieser Kunst mit anderen teilen möchte. Der bekannte Archäologe und intime Kenner islamischer Kunst Géza Fehérvári hat mit Ceramics of the Islamic World nicht nur einen Katalog dieser Sammlung sondern zugleich eine repräsentative Geschichte der islamischen Keramik geschrieben. Sie umfaßt 14 Jahrhunderte Entwicklung und einen geographischen Bereich von Zentralasien über Nordafrika bis nach Spanien. Über 400 sorgfältig beschriebene und hervorragend in großem Format abgebildete Gefäße, Öllampen, Schalen, Teller, Amphoren, Kacheln in allen Herstellungs- und Dekortechniken bis hin zu Modeln und Gußformen machen dieses Buch zu einem aktuellen Standardwerk islamischer Keramik auf dem aktuellen Stand der Forschung und Archäologie. So konzentrieren sich Sammlung und Buch nicht nur auf die berühmten Arbeiten aus Nishapur, aus Iznik und aus anderen bekannten Keramikzentren, sondern zeigen einen Querschnitt durch das keramische Schaffen der gesamten islamischen Welt mit einem deutlichen Schwerpunkt auf den frühen Arbeiten vom 6. bis etwa zum 13. Jahrhundert. Die reichen Bestände des Tareq Rajab Museums in Kuwait werden in 16 Kapiteln vorgestellt. Eines – das letzte – ist ausschließlich den überaus seltenen Formen, Stempeln und Matritzen gewidmet, während die übrigen Kapitel der Abfolge von Dynastien in den verschiedenen Regionen folgen. Man mag darüber diskutieren können, ob diese durchaus übliche Einteilung islamischer Kunst, vor allem islamischer Keramik, nach den Dynastien islamischer Fürsten und Könige den vielfachen Überschneidungen und Parallenen in der technischen und gestalterischen Entwicklung wirklich gerecht wird. Die Archäologie hat indessen bestätigt, daß der Aufstieg und Niedergang keramischer Zentren, vor allem natürlich die Herstellung aufwendiger Luxuswaren, durchaus abhängig war vom Wohlergehen und von der Förderung einer herrschenden Dynastie. Macht, Reichtum und mäzenatisches Verhalten haben stets Künstler angezogen und diese zu bedeutenden Leistungen angespornt. Ebenso rasch aber haben sich diese Künstler anderen Ufern zugewandt und neue Mäzene und Auftraggeber gesucht, wenn die Macht wieder zu wanken begann. So hat denn jede dynastische Epoche ihr durchaus eigenständiges Erscheinungsbild. Genannt seien hier etwa die charakteristische Lüsterbemalung in der frühen abassidischen Periode (9. bis 11 Jh.n.Chr), die engobierten Waren aus Nishapur, meist weißgrundig mit dekorativen, kufischen Inschriften, die unverwechselbare spanisch-maurische Keramik aus Spanien, oder die „mina’i“-Ware, figürlich bemaltes Steinzeug aus der seldschukischen Zeit Persiens, die deutlich den Einfluß chinesischen Porzellans zeigt. Materielle Möglichkeiten, ein Auge für Form und Qualität – Tareq Sayid Rajab erhielt eine Ausbildung als Kalligraph und Maler – und die Früchte moderner Archäologie haben eine einzigartige Sammlung entstehen lassen. So ist es nur konsequent, daß der Autor im einleitenden Kapitel eine kleine Geschichte der Archäologie im Nahen und Mittleren Osten vorlegt und ihren Beitrag für die Erforschung islamischer Kunst würdigt. Ob in den Ausgrabungen des Deutschen Herzfeld in Samarra, wo schon vor dem ersten Weltkrieg dieses Kapitel der Archäologie begann, der Briten in Kabul, der Amerikaner in Nishapur, der Franzosen in Susa oder der sowjetischen Archäologen in Zentralasien – stets war es die entdeckte Keramik, die wesentliche Erkenntnisse für die Entwicklung islamischer Kunst vermittelte. Nicht nur für den Keramikfreund – für jeden Liebhaber islamischer Kunst ein wichtiges Buch. (- mb -)

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